"Front Deutscher Äpfel": Parodie gegen rechts
Die "Apfelfront" macht mobil gegen die NPD - und scheut keine Verwechselungen. Jetzt gibt´s sogar eine eigene Schulhof-CD. Der Titel: "Rebellion am Obstmarkt".
BERLIN taz | Die Reden sind zackig, das Auftreten kernig - und die Inhalte sind Ironie pur: Sie geben sich als "Front"-Kämpfer im uniformierten schwarzen Anzug, verstehen sich als die "einzig wahre nationale Kraft". Sie wollen den Abwehrkampf gegen die "Südfrüchte", um den "deutschen Apfel" zu schützen, nicht "pseudonationalen Splittergruppen wie der NPD oder auch der DVU" überlassen, wie sie selber sagen. Zum Kampf gegen rechts - oder offiziell: zum Schutz des deutschen Obstbestands - hat die jugendliche Satiregruppe "Front Deutscher Äpfel", kurz "Apfelfront", eine CD herausgebracht, die kostenlos auf Schulhöfen verteilt werden soll - so wie es auch die NPD seit einiger Zeit macht. Der Titel: "Rebellion am Obstmarkt".
"Mit der CD ist es uns ernst", sagt einer der Macher der CD, der anonym bleiben will. Denn Humor erwartet er auf der Seite der Rechten nicht. "Die Jugendlichen haben alles selbst organisiert", betont er. 19 Lieder von verschiedenen Bands sind auf der CD, eins steuerte der Sänger der Prinzen, Sebastian Krumbiegel, bei. Die Texte sind alle gegen rechte Gewalt. Für das Projekt fanden die Jugendlichen im Alter von 19 bis 21 Jahren Partner in den Vereinen "Exit Deutschland", "Kein Bock auf Nazis", "Laut gegen Nazis", "Gesicht zeigen!" und bei dem Musiker Tibor Sturm.
"Aufrütteln, erschrecken und aufklären" soll die CD. Seit 2004 parodiert die Apfelfront, die in Leipzig entstand und mittlerweile von 15 lokalen Gruppen in ganz Deutschland unterstützt wird, die NPD. Der Name geht auf deren Fraktionsvorsitzenden im Sächsischen Landtag zurück: Holger Apfel. Dem dürfte missfallen, dass die Jugendlichen auf der CD verkünden, dass "Verräter, wie das braune Fallobst von der NPD […] unverzüglich der Saftpresse zur weiteren Verarbeitung übergeben" werden sollen.
Öffentliche Auftritte der Apfelfront in Uniformen führen hin und wieder zu Verwechslungen mit den wirklichen Rechten. Eine gezielte Parodie: "Unsere Schulhof-CD ist auf dem ersten Blick der rechten Szenen zuzuordnen", betonen die Organisatoren. Farbkombination, Machart und Schrift ähneln auch sehr einer vergleichbaren NPD-CD. Der zweite Blick ist den Produzenten der Apfelfront wichtig. "So wollen wir die Schüler anregen, den ,Geschenken' kritisch entgegenzutreten."
Die Neonazis sind mittlerweile schwerer zu durchschauen, betonen sie: "Sie greifen soziale Themen auf, tragen wie die Antifa schwarz und bezeichnen sich als autonom. Das kommt bei Jugendlichen an. Mit der Imageveränderung der Rechten setzen sich auch die Musiker auf der CD auseinander. Im Song "White Noise" singt die Band "Tut das Not" etwa: "Das Image befreit von verstaubter Nostalgie bildet sie das Medium zum Transport der alten Ideologien / White Noise vermittelt rechten Terror und Gewalt. White Noise, die Musik zur Hetze im Hintergrund, erschallt." Zu Beginn des neuen Schuljahrs in den Bundesländern soll die CD verteilt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen