Hannover 96: Das unterschätzte Kollektiv

Sie haben wieder gesiegt. Diesmal gegen die Bayern. Der Erfolg von Hannover 96 lässt sich deshalb nicht mehr hinreichend mit dem Faktor Glück erklären.

Im Siegesrausch: 96-Spieler und Torschütze Konstantin Rausch. Bild: dpa

HANNOVER taz | Die Hektik nach dem Abpfiff erreichte ein neues Niveau. Aufgeregte Männer mit großen Objektiven und Mikrofonen steckten kleinlaut die Köpfe zusammen und fragten sich, wer denn nun dieser Konstantin Rausch und wer wohl dieser Lars Stindl sein könnte. Die Suche nach Helden, die in der Fußball-Bundesliga bisher kaum bekannt waren, hatte im Kellergeschoss eines Fußballstadions putzige Szenen zu bieten.

Das mit bundesweit unbekannten Profis gespickte Team von Hannover 96 hatte sich auch gegen den FC Bayern München mit 3:1 durchgesetzt. "Wir treten einfach als Einheit auf", sagte Mittelfeldspieler Rausch und versuchte mit einfachen Worten das Geheimnis eines simplen Fußballs zu erklären. Der Triumph der Unterschätzten führt dazu, dass die Niedersachsen plötzlich als ernst zu nehmender Kandidat für einen Platz in der Champions League durchgehen.

Der Jubel und der Stolz, mit dem die 96-Profis ihren verdienten Sieg über den verunsicherten Rekordmeister feierten, war das erstaunliche Ergebnis von 90 souverän gestalteten Minuten. "Wir hätten schon viel früher noch höher in Führung gehen können", meinte Hannovers Angreifer Jan Schlaudraff, der bei seinen unzähligen Dribblings und gekonnten Aktionen vor allem Bayern-Verteidiger Holger Badstuber der Lächerlichkeit preisgegeben hatte. Dem frühen Führungstreffer durch den Norweger Mohammed Abdellaoue (16. Minute) nach herrlicher Vorarbeit von Rausch war ein Auftritt von Hannover 96 gefolgt, der einfach nicht mehr in die Schublade mit den glücklichen Momenten und den Schwächen der favorisierten Gegner passt.

ERGEBNISSE:

Dortmund - Köln 1:0

Frankfurt - Kaiserslautern 0:0

Stuttgart - Schalke 1:0

Hannover - München 3:1

Mönchengladbach - Hoffenheim 2:0

Nürnberg - St. Pauli 5:0

Leverkusen - Wolfsburg 3:0

***

SONNTAG, 6.3. 2011:

Freiburg - Bremen 15.30

Hamburg - Mainz 17.30

***

TABELLE:

1. Dortmund 25 (Spieltag) 61 (Punkte)

2. Leverkusen 25 49

3. Hannover 25 47

4. München 25 42

5. Mainz 24 40

6. Nürnberg 25 39

7. Hamburg 24 37

8. Freiburg 24 37

9. Hoffenheim 25 33

10. Schalke 25 30

11. Köln 25 29

12. Frankfurt 25 28

13. St. Pauli 25 28

14. Wolfsburg 25 26

15. Stuttgart 25 25

16. Kaiserslautern 25 25

17. Bremen 24 25

18. Mönchengladbach 25 22

Rausch hatte mit einem Linksschuss, den Bayern-Torjäger Mario Gomez unglücklich abgefälscht hatte, kurz nach der Halbzeitpause (51.) auf 2:0 erhöht. Dem 3:1 (62.) durch Sergio Pinto, durch einen folgenschweren Fehler von Bayern-Torhüter Thomas Kraft ermöglicht, war zumindest noch das 1:2 (55.) der Bayern durch Arjen Robben vorausgegangen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach geht", meinte 96-Verteidiger Emanuel Pogatetz über das Erfolgserlebnis gegen die ratlosen Münchener. Die Mischung aus erfrischendem Kombinations- und Angriffsfußball, den Hannover 96 beim 15. Sieg im 25. Saisonspiel zeigte, lebte von einer unglaublichen Effektivität.

Das 96-Team stemmte sich nicht gegen eine drohende Niederlage, sondern erspielte sich einen Sieg, den dieser Mannschaft - wie so manch anderen in der laufenden Saison - kaum einer zugetraut hatte. Jetzt steht die mit unbekannten und günstigen Profis verstärkte Mannschaft vor einer, wie es Verteidiger Christian Schulz bezeichnet, historischen Chance. Fünf Punkte Vorsprung in der Tabelle auf einen verunsicherten Verfolger, der FC Bayern München heißt - der Jubel, der aus der Kabine von Hannover 96 zu hören war, ließ erahnen, dass ein lange Zeit belächeltes Kollektiv seinen neuen Status so lange wie möglich auskosten will.

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