Kommentar Rolle der Türkei in Libyen: Ankara scheitert als Vermittler

Die Türkei, die im Nahen Osten gern das Image eines neutralen Vermittlers pflegt, hat sich in Libyen desavouiert. Die Wut der Rebellen verwirrt die Regierung.

Es ist das erste Mal, dass gegen den türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan in einem arabischen Land protestiert wird. Nachdem in Bengasi, im befreiten Ostlibyen also, Demonstranten ihren Ärger über Erdogan auf der Straße lauthals herausgeschrien hatten, fragte sich die türkische Regierung denn auch gleich, wer diese Protestler wohl engagiert haben könnte. So unwahrscheinlich kam es den Regierenden in Ankara vor, dass die Wut authentisch seien könnte.

Doch nachdem die Rebellen einem türkischen Schiff mit Hilfsgütern auch noch die Einfahrt in den Hafen von Bengasi verweigerten, weil man von Freunden Gaddafis auch keine Hilfe annehmen wollte, muss man sich in Ankara wohl eingestehen, dass die Schaukelpolitik gegenüber Libyen erst einmal gescheitert ist.

Zwar hat Erdogan einen Friedensplan für das Land präsentiert, der in einem ersten Schritt einen umfassenden Waffenstillstand vorsieht und damit die Möglichkeit einer humanitären Versorgung der Bevölkerung schaffen soll. Doch die provisorische Regierung in Bengasi hat sofort erklärt, ohne den vorherigen Abgang der Gaddafi-Familie sei an Derartiges nicht zudenken. Die Türkei, die im Nahen Osten gern das Image eines neutralen Vermittlers pflegt, hat sich in Libyen desavouiert. Sie gilt als verkappter Parteigänger Gaddafis.

Für die Aufständischen ist die Türkei dafür verantwortlich, dass die Luftangriffe zu spät begonnen wurden und nun, nachdem die Nato das Kommando hat, viel zu spärlich erfolgen. Erdogan muss jetzt die Erfahrung machen, dass er im Nahen Osten als jemand gesehen wird, der zuallererst eigene ökonomische Interessen vertritt. Die türkische Bauindustrie ist in Libyen seit zwanzig Jahren im Geschäft. Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden Kontrakte über 7 Milliarden Dollar abgeschlossen.

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