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Kardinal von Galen beschmutztFiktional? Scheißegal!

Die katholische Kirche sieht Kardinal von Galen in dem Roman "Dinge, die ich über ihn weiß" beschmutzt. Der Münsteraner Bischof Felix Glenn ruft gar zum Boykott auf.

Clemens August Kardinal von Galen auf dem Domplatz in Münster. Bild: dpa

Auf die katholische Kirche ist Verlass. Drum scheint es, als habe es der Berliner Dittrich Verlag auf eine Provokation angelegt, als er Anfang des Monats den Roman "Dinge, die ich von ihm weiß" von Roland E. Koch veröffentlichte.

In diesem Roman wird – aus Sicht der Haushälterin – das Leben des Clemens August Kardinal von Galen beschrieben, des "Löwen von Münster", der 2005 selig gesprochen wurde. Es ist eine Auseinandersetzung mit dem streitbaren Prediger. Das Problem der Katholiken: Die von Koch erfundene Haushälterin hat im Roman ein Kind mit dem Kirchenmann.

Das lässt den Münsteraner Bischof Felix Genn geradezu ausrasten. In einer Presseerklärung, die er vergangene Woche verbreiten ließ, spricht er von einer "absurden fiktiven Darstellung" des Seliggesprochenen, womit er beweist, dass er das Wesen von Fiktion nicht erfasst.

Dem verstorbenen Kardinal würden "unsittliche Dinge nachgesagt", so Glenn weiter. Glenn fordert also seine Glaubensbrüder zum Boykott auf, mit einer sprechend ungelenken Formulierung: "Wenn Sie können, kaufen Sie solche Bücher nicht."

Die Aufregung der Katholiken ist nicht zu verstehen, wenn man liest, wie fair Koch mit Galen umgeht, der zwar einerseits die Euthanasieprogramme der Nationalsozialisten öffentlich geißelte, andererseits aber von einer "jüdisch-bolschewistischen Machthaberschaft" sprach und den Überfall auf die Sowjetunion begrüßte.

Galen war glühender Nationalist, 1945 meinte er, dass man als Patriot die Alliierten weiterhin als Feinde betrachten müsste. All dies spricht Koch an, doch lässt er Milde walten. Nur gönnt er dem aristokratischen Kirchenfürsten, den er sich als Figur anverwandelt, eben eine Liebe.

Das ist zu viel für jene, die Romanen geradezu zwanghaft Dokumentencharakter nachsagen. Ihre Schäfchen erregen sich ebenso.

Einigen Buchhändlerinnen sei bereits per E-Mail gedroht worden, da sie das Buch verbreiten, einige Bühnen stehen plötzlich nicht mehr für Lesungen zur Verfügung.

Koch und seinem Verlag kann das egal sein, denn nun verkauft sich der Roman - ein anspruchsvolles literarisches Werk - wie ein Skandalroman. Auf die katholische Kirche ist eben immer Verlass.

Roland E. Koch: "Dinge, die ich von ihm weiß"; Dittrich Verlag, Berlin, August 2011, ISBN 978-3-937717-69-2, 240 Seiten, gebunden, Preis: 19,80 €

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9 Kommentare

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  • T
    Tine

    Bevor Sie sich zur katholischen Kirche hier so unsachlich äußern, sollten Sie gründlicher recherchieren - denn das Handwerk zur Recherche beherrschen Sie scheinbar nicht.

    Der Bischof zu Münster heißt Dr. Felix G E N N – nicht G L E N N!

  • MK
    man kann nur staunen

    Scheinbar beherrschen Sie nicht mal das Handwerk der Recherche... wie sollte da ein neutraler Bericht zustande kommen.

    Mehr als dem Mainstream gegen die Kirche zu folgen, scheint hier nicht angesagt zu sein.

     

    Der Bischof zu Münster heißt Dr. Felix G E N N – nicht G L E N N!

  • E
    empört

    Hier die Aufstellung des DHM:

     

    http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/GalenClemensAugust/

     

    Nun soll sich jeder selbst ein Urteil bilden.

    Wer beurteilt eigentlich wie viel Widerstand genug ist.

    Die TAZ?

    NEIN

    Das beurteilt jeder selber.

  • E
    empört

    Ich habe gestern einen Kommentar hier gepostet !

    Dieser wurde nicht veröffentlicht.

    Eine Aufstellung des Kampfes des Kardinal gegen das NS Regime.

    Quelle ist das Deutsche Historische Museum.

    Ich finde das eine Frechheit.

    Aber menschenverachtende Beiträge die hier zu lesen sind werden veröffentlicht.

    Frechheit.

  • MN
    mein Name ist Hase

    Schon mal was von Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener gehört ?

    Selbst wenn es sich um eine Fiktion handelt, ist die Zielrichtung ja klar- und der Name des Betroffenen erst recht:

    Wie würde ein Günther Grass - im übrigen ein linker Gutmensch, der über 60 Jahre seine SS- Vergangenheit verschwieg, um politisches Kapital ''gegen rechts'' zu schlagen- reagieren, wenn man ihn ( rein fiktiv natürlich ) als Lagerkommandanten schildern würde,

    der Juden quälte;

    im Endeffekt als ''Systemmensch'' damals wie heute und wie würde die taz darüber berichten ?!

  • JR
    Jan Reyberg

    Naja, wenn man halbfiktionale Bücher über iregndwelche anderen Typen schriebe, zum Beispiel über Gerhard Schöder oder Günter Grass, und man würde den Personen in dem fiktionalen Teil des Buches irgendeine Sache anhängen, mit der sie sich moralisch nicht im Einklang befinden, Haare färben zum Beispiel oder Zigeuner massakrieren, dann würde sie sich auch aufregen, obwohl jedem klar ist, dass das auch alles nur fiktiv ist. Dabei glaube ich die sind beide nicht die katholische Kirche. Es handelt sich wohl um ein weit verbreitetes Phänomen, das man nicht auf die Kircheninstitution zurückführen kann. Oder?

  • C
    Carsten

    Gähn, ein kalkulierter Skandal als Verkaufshilfe. Der Autor hat doch genau gewusst, dass die Kirche (zumal in Münster!) sich darüber aufregen würde und dass es keine bessere Werbung gibt. Was für »explicit lyrics« bei HipHop-Alben gilt, gilt eben auch für langweilige Literatur. Wie dämlich vom Generalvikariat, dass sie auf diesen alten Marketinghut immer noch anspringen.

  • F
    FMH

    Da in der taz doch grundsätzlich irgendeine stumpfsinnige aber häufig sehr kreative Gender-Endung hintendran kommt möchte ich mich hier einmal beschweren, das in diesem Artikel nur von "einige Buchhändlerinnen" die Rede ist. Da es sich um unbestimmte Personen handelt, glaube ich nicht, dass es nur Frauen sind.

  • N
    never!Land

    "[...]womit er beweist, dass er das Wesen von Fiktion nicht erfasst.[...}Glenn fordert also seine Glaubensbrüder zum Boykott auf, mit einer sprechend ungelenken Formulierung: "Wenn Sie können, kaufen Sie solche Bücher nicht."[...]

     

    Mit Verlaub, aber ich glaube, sie haben das Wesen des Christentums nicht erfasst, Herr Sundermeier!

    Die Kirche nämlich hat es geschafft, sich eine Anschauungsweise strafrechtlich schützen zu lassen. [nach Kurt Tucholsky]. Man muss den Mist kaufen: Mit Steuern werden Pädophile gedeckt und Kondomgebrauch verdammt, der Staat zahlt für Papstbesuche und bietet ihm ein Forum in den "heiligen Hallen der Demokratie", zahlt gar für atheistische Arbeitslose Kirchensteuer an diese mafiös-faschistoide Sekte.

     

    Aus dieser Logik heraus ist es durchaus verständlich, wenn er formuliert: "Wenn sich Ihnen diese Möglichkeit bietet, lassen Sie's!"

    In diesem Sinne: Wenn sie können, kaufen Sie deren Dogmen nicht! Zahlen Sie keine Kirchensteuer!"

    Selber denken lohnt sich - auch im Portmonee.