Gesundheitsdebatte der SPD: Kampf gegen die Zweiklassenmedizin

Mit einer Bürgerversicherung will die SPD die Bevorzugung von Privatversicherten beenden und für mehr Gerechtigkeit sorgen. Doch gerechter ist nicht gleich billiger.

Zu spät? Erste-Hilfe-Versuch der SPD für die Krankenkassenpatienten. Bild: dpa

Mit dem Ausstieg aus der Zweiklassenmedizin will die SPD die Bundestagswahl 2013 gewinnen - und hat dazu ihr Modell einer Bürgerversicherung konkretisiert. Das Konzept, das am Dienstag von den Delegierten beschlossen werden soll, sieht vor, dass es künftig nur noch eine einheitliche Vergütung für Ärzte geben soll, unabhängig davon, ob sie gesetzlich oder privat versicherte Patienten behandeln.

Damit würde der Anreiz entfallen, weswegen Privatversicherte derzeit oft bei der Terminvergabe sowie der Intensität der Therapie bevorzugt würden, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach der taz.

"Das ärztliche Gesamthonorarvolumen bliebe gleich", prognostizierte Lauterbach. Nur werde es anders verteilt: Ärzte, die bislang vor allem gesetzlich Versicherte behandelt hätten, verdienten künftig mehr, insgesamt bis zu drei Milliarden Euro. Mediziner, die bislang vor allem Privatpatienten hatten, hätten entsprechend weniger.

Sparen will die SPD bei den Arzneimitteln: Die Preisabsenkung auf europäisches Durchschnittsniveau könne zwei bis vier Milliarden Euro bringen.

Ein qualitativeres Gesundheitssystem

Für die privaten Krankenversicherungen würde die Bürgerversicherung das faktische Aus bedeuten: Zwar dürften sie nach SPD-Vorstellungen weiter existieren, müssten aber denselben einheitlichen Bürgerversicherungsbasistarif anbieten wie alle anderen Kassen auch. Das Neukundengeschäft würde entfallen. Auch werde es Privatversicherten freigestellt, binnen eines Jahres unter Mitnahme ihrer Altersrückstellungen in eine gesetzliche Kasse zu wechseln.

Billiger, das prognostiziert die SPD, würde das Gesundheitssystem wohl nicht. Wohl aber qualitativ besser und gerechter finanziert. Zusatzbeiträge will die SPD abschaffen, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge erhöhen sowie die Parität von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wiederherstellen, jedoch zu unterschiedlichen Konditionen.

Höchstgrenze für Arbeitnehmer bleibt

Arbeitgeber müssten danach einen Beitragssatz bezahlen, der sich auf das Gesamtvolumen der Gehälter ihrer Beschäftigten bezöge, also - anders als bisher - ohne Einkommensgrenze nach oben. Für die Arbeitnehmer dagegen soll die Beitragsbemessungsgrenze, also die Höchstgrenze, ab der die Beiträge gedeckelt sind, bestehen bleiben. Derzeit liegt sie bei 44.550 Euro Jahresgehalt.

Dies ist eine Kampfansage an Unternehmen mit einer hohen Zahl an Spitzenverdienern. Und ein klares Zugeständnis an die gut verdienende Mitte der Arbeitnehmerschaft: Denn die wäre bei der früher einmal von der SPD angedrohten Anhebung oder gar Abschaffung der Bemessungsgrenze erheblichen finanziellen Zusatzbelastungen ausgesetzt gewesen. Davon soll sie nun verschont werden.

Auf der Strecke bleibt auch die Kernforderung der SPD-Linken, Beiträge auch über Kapitaleinkünfte, Mieteinnahmen oder Immobilienbesitz zu finanzieren. Die SPD hat jetzt ausgerechnet: Der bürokratische Aufwand, dieses Geld einzutreiben, lohne den Zusatznutzen nicht. Und außerdem gelte es, eine Wahl zu gewinnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.