Gericht urteilt über griechischen Staatsrundfunk: Pyrrhussieg für Senderbesetzer

Die staatliche Medienanstalt ERT muss sofort wieder ans Netz, so das Gerichtsurteil. Doch der Sender wird umgebaut und den Beschäftigten drohen trotzdem Entlassungen.

Unterstützer des Senders auf dem ERT-Gelände. Bild: reuters

ATHEN taz | Am Montagabend überschlugen sich die Ereignisse in Athen: Noch während auf dem Syntagmaplatz vor dem Parlament der Chef des Linksparteibündnisses Syriza, Alexis Tsipras, vor rund 15.000 Anhängern eine Rede hielt und nur wenig entfernt die Koalitionspartner der Regierung einen Ausweg aus ihrer Krise suchten, verkündete der oberste Verwaltungsgerichtshof ein Machtwort.

Der Staatssender ERT, den Ministerpräsident Antonis Samaras vor gut einer Woche handstreichartig geschlossen hatte und der seither von Beschäftigten und Unterstützern besetzt gehalten wird, muss so bald wie möglich wieder ans Netz. Die Abschaltung war illegal.

Doch Jubel wollte sich bei den Besetzern, die kurz vor Mitternacht vom Syntagmaplatz in Scharen auf das Sendergelände strömten, nicht richtig breit machen. „Das ist zwar der erste kleine Sieg seit den Troikadiktaten“, sagt Besetzerin Chryssavgi, „aber jetzt geht der Kampf erst richtig los“.

Das Gericht hat nämlich keineswegs den Umbau des Senders, den Samaras aus Spargründen geschlossen hatte, untersagt. Gerichtspräsident Konstantinos Menoudakos sagte am Montag, ein von der Regierung ernannter Manager habe alle Rechte, so viele Entlassungen vorzunehmen, wie nötig. Experten befürchten die faktische Zerschlagung des staatlichen Senders ERT in Griechenland.

Samaras zieht den Kopf aus der Schlinge

Von seinen Reformplänen rückt Ministerpräsident Samaras nicht ab. Bei dem Krisen-Koalitionstreffen am Montag mit den Chefs der Parteien Pasok und Dimar, unterstrich Samaras, dass ab Spätsommer ein umgebauter Sender existieren soll. Er bot den Koalitionspartnern, die von der Schließung überrascht worden waren und dagegen protestiert hatten, mehr Mitspracherechte beim Umbau von ERT an.

Damit zieht Samaras den Kopf noch einmal aus der Schlinge. „Es ist ein allerletzter Versuch des Ministerpräsidenten, einen Kompromiss zu erzielen und Neuwahlen zu verhindern“, hatte es vor dem Koalitionstreffen aus den Reihen der Pasok geheißen. Samaras bot am Montagabend eine Kabinettsumbildung an.

Wichtig sei jetzt, dass die Regierung wie eine „echte Koalition arbeitet und nicht als wäre sie eine Einparteienregierung“, sagte Pasok-Chef Venizelos nach dem Treffen. Am Mittwoch wollen sich die Koalitionspartner erneut zusammensetzen.

Auf europäischer und deutscher Ebene hatten die Ereignisse in Griechenland zuletzt noch einmal für Hektik gesorgt. Nachdem schon Angela Merkel in den vergangenen Tagen zur Unterstützung Samaras zum Telefonhörer gegriffen hatte, rief auch das Bundesfinanzministerium vor dem Krisengipfel in Athen die griechische Regierung zur Beibehaltung des Reformkurses auf.

Widerstand fortsetzen?

Die Besetzer wollen Dienstagnachmittag entscheiden, wie sie weiter machen. Gewerkschafter riefen in der Nacht vor dem Sender dazu auf, den Widerstand fortzusetzen. Doch ob die kräftezehrende Besetzung weitergehen kann, ist Dienstagvormittag noch unklar.

Die Linke hatte in Griechenland auf Neuwahlen spekuliert: „Herr Samaras, nach ihrer Entscheidung, das öffentliche Fernsehen mundtot zu machen, sind sie am Ende“, rief Syriza-Chef Alexis Tsipras Montagabend auf dem Syntagmaplatz in die Menge.

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