Gerichtsurteil gegen Dumpinglöhne: 1,59 Euro sind sittenwidrig
Ein Pizza-Service bezahlt seine Arbeitnehmer miserabel. Dagegen klagte das Jobcenter Uckermark erfolgreich. Auch in weiteren Landkreisen wurden Klagen eingereicht.
EBERSWALDE/POTSDAM dpa | Das Arbeitsgericht Eberswalde hat extrem niedrige Löhne eines uckermärkischen Pizza-Lieferservice als sittenwidrig bewertet. Die Kammer gab am Dienstag einer Klage des Jobcenters Uckermark gegen den Arbeitgeber statt, wie das Gericht mitteilte. Er muss demnach an das Jobcenter rund 11.000 Euro Aufstockungsleistungen für überwiegend geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer zurückzahlen.
Der Betreiber des Pizza-Services beschäftigt Arbeitnehmer, die nach Gerichtsangaben bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden 100 bis 165 Euro brutto verdienen. Außerdem seien dort auch Vollzeitkräfte tätig, die bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 430 Euro brutto erhalten. Der Betreiber des Pizza-Service zahle ihnen also Stundenlöhne von 1,59 Euro, 1,65 Euro und 2,72 Euro. Für acht dieser Arbeitnehmer hatte das Jobcenter Aufstockungsleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt.
Das Gericht stellte fest, dass diese Löhne um mehr als die Hälfte unter dem ortsüblichen Entgelt für vergleichbare Tätigkeiten liegen. Hätte der Arbeitgeber im ortsüblichen Rahmen gezahlt, hieß es, hätte das Jobcenter Aufstockungsleistungen nicht oder nicht in dieser Höhe zahlen müssen. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist noch nicht rechtskräftig.
Auch in anderen märkischen Landkreisen gehen Jobcenter gegen Lohndumping vor. So haben die Jobcenter der Landkreise Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster sechs Klagen am Arbeitsgericht Cottbus eingereicht. Erste Verhandlungen sind für Mitte Oktober geplant.
In Brandenburg sind nach Angaben des Arbeitsministeriums mehr als 64.000 Menschen trotz Arbeit auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen. Jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte verdiene weniger als 8,50 Euro pro Stunde. Die Landesregierung setzt sich im Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn ein.
Leser*innenkommentare
Oskar
taz-Autor
Fehler: Misere ist mit "ie" geschrieben? Leert euren Cache, denn aktualisiert ist der Fehler auf der Seite behoben!
Christophe THOMAS
Zum Vergleich - Mindestlohn in Frankreich liegt bei ca 7-8 Euro.
lions
Für bedenkenswürdig halte ich den Umstand, dass das Jobcenter Arbeit noch unter 1,59 vergibt. Da klingt die Schutzbehauptung, 1€-Jobs würden keine anderen Arbeitsplätze gefährden, geradezu absurd. 1€-Jobber werden in Kommunen für unverzichtbare Arbeiten eingesetzt, wie Winterdienst, Grünanlagenpflege und Müllbeseitigung.
"Aufstocken" müssen die Pizza- wie die 1€- Sklaven. Also wo ist der Unterschied ?
Nicht mit Steinen werfen, wenn man...........
Abcmann
Gast
Mit 1, 59 ist man schnell in den Miesen, dadurch ist die Bezahlung aber dennoch nicht mieserabel, sondern miserabel.
Danke für den Hinweis. Wir haben den Fehler behoben.
lions
@ taz
ist immernoch falsch
Powerranger
Gast
Was denken eigentlich solche Arbeitgeber, wenn die sich solche Stundenlöhne einfallen lassen? Man bezahlt immer noch einen Menschen, der auch von der Arbeit leben können sollte. Unfassbar. Diese Profitgeilheit ist echt ekelhaft.
gast
Gast
Das kann man so sagen. Die leben nach dem Motto "was geht mich das Leid anderer an, Hauptsache mir geht es gut"
Kann man aber auch für die Aufstockungen für Sozialhilfe od. Rentner so sehen, denke ich mal so. Denen wird auch diktiert mit wie viel Geld sie zu überleben haben, nach einem arbeitsreichen Leben.