Diskriminierung von Roma: Universalismus auf französisch
Frankreichs Regierung schockiert durch antiziganistische Äußerungen. Die EU-Kommission droht deswegen mit Sanktionen.
PARIS taz | Wieder wird Frankreich aus Brüssel wegen seiner Roma-Politik gerügt. Wie schon 2010 war es die Vizepräsidentin der EU-Kommission, die Luxemburgerin Viviane Reding, die Paris vor einer Diskriminierung der Roma-Familien gewarnt hat. Kommissionssprecher Olivier Bailly hat hat der französischen Regierung sogar Sanktionen angedroht, wenn das Grundrecht des freien Personenverkehrs für die EU-Bürger nicht respektiert werde.
Ab 2014 fallen die Restriktionen beim Zugang zum Arbeitsmarkt für EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien. Das schafft einige Nervosität und Ängste vor einer „Invasion“, die von der Extremen geschürt werden.
Anlass der EU-Intervention waren Äußerungen des sozialistischen Innenministers Manuel Valls. Er hatte erklärt, die überwiegende Mehrheit der Roma wolle sich nicht integrieren, ihr Lebensstil sei so „extrem verschieden“, dass es ständig zu „Konfrontationen“ kommen müsse. Er wünsche, dass diese Roma in Rumänien oder Bulgarien blieben oder dorthin zurückkehrten.
Mit diesem Standpunkt hat der linke Minister etliche seiner sozialistische Regierungs- und Parteikollegen sowie humanitäre Organisationen vor den Kopf gestoßen. Sie sind schockiert, weil Valls exakt dieselbe „repressive“ Politik praktiziert wie der frühere konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der im Herbst 2010 deswegen von der EU scharf kritisiert worden war.
Allein im zweiten Quartal 2013 sind von den zirka 20.000 in Frankreich lebenden Roma mehr als 5.000 nach Rumänien oder Bulgarien ausgewiesen worden. Diese haben zwar wie alle EU-Bürger das Recht, nach Frankreich einzureisen. Das Gesetz ermöglicht indes eine Abschiebung, falls sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.
Im nordfranzösischen Croix hatte der Bürgermeister öffentlich gesagt, falls einer seiner Mitbürger gegenüber den Roma die Nerven verlieren sollte, werde er ihn unterstützen. Das wurde in den Medien als Aufruf zu Selbsthilfe und Lynchjustiz scharf verurteilt. Die Roma-Problematik ist ein heißes Thema, das bei den Gemeindewahlen im Frühling 2014 im Wahlkampf instrumentalisiert werden dürfte. Die Sozialisten wollen den Rechten da nicht das Feld überlassen.
Leser*innenkommentare
function
Gast
Es nützt nichts, wenn Sie den Kopf in den Sand stecken (Zensur) - die Probleme mit den Roma verschwinden davon nicht (weder in Frankreich noch in Deutschland).
FRUST
Gast
Die EU- Kommission,sollte erst mal arbeiten geh'n. Der "Abschiebebahnhof" der Politik, muss ja so tun, als würde er gebraucht. Die sind genau so überflüssig wie tausend Bischöfe.
Emil
Gast
Warum erzählt man uns immer nur die eine Hälfte? Sind wir alle noch im Kindergarten?
Bernd
Gast
Und was ist wenn Herr Vals Recht hat?
Hans
Gast
@Bernd Das Recht klärt immer noch die Judikative, nicht Minister Valls.
Tramp
Gast
In der Überschrift ist von Diskriminierung die Rede. Davon finde ich im Text nichts. War der Titel für einen anderen Artikel gedacht?
Fell
Gast
Und ich dachte immmer die Linken sind die Guten, die alle anderen Menschen so richtig gaaaanz dolle liebhaben...
GAston
Gast
@Fell Sarrazin schon vergessen'?
Realitäten
Gast
"Das Gesetz ermöglicht indes eine Abschiebung, falls sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können."
Gut, dass dies auch einmal in der taz klargestellt wird, wo sonst gern suggeriert wird, es gäbe ein absolutes Niederlassungsrecht in der EU.
Es ist eigentlich ganz, ganz einfach: Absolutes, bedingungsloses Niederlassungsrecht (eine nette Utopie, von der ich hoffe, sie wird irgendwann Realität, auch für die gesamte Welt) funktioniert in keines Weise bei einem enormen Gefälle, was Sozialleistungen betrifft. Wie man mit dem Problem umgeht, ist eine andere Frage. Ich möchte nur, dass Linke die Realität einfach nur wahrnehmen. Die beliebte Hilfskonstruktion der Bessermenschen, man wäre ja selbst schuld am Elend der anderen, dürfte hinsichtlich Franzosen und Rumänen/Bulgaren schwerlich vermittelbar sein.
Hans
Gast
Wo "Reichtum" ist muss auch Armut sein, wo Geld ist, muss anderso ein Mangel an diesem vorliegen. Simple VWL.
Die Franzosen (und die Deutschen, etc.) sind natürlich mitschuld, am Elend der Ausgebeuteten in den Dritte Welt-Ländern. Wir leben auf kosten derer Armut.
Und zum Bleiberecht: Wir haben in den Ländern und der EU Gesetze, die dieses regeln, z.B. Europäische Freizügigkeit, Asylrecht, etc.