Sachverständigenrat gegen Braunkohle: Berater fordern Kohlestopp
Der Sachverständigenrat der Bundesregierung drängt auf Gesetze gegen klimaschädliche Kraftwerke. Ein radikaler Systemwechsel ist nicht gewünscht.
BERLIN taz | Mit einer brisanten Forderung hat sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen in die laufende Debatte über die Energie- und Klimapolitik eingeschaltet. Weil die Reform des europäischen Emissionshandels nicht vorankommt, plädieren die Wissenschaftler, die die Bundesregierung offiziell beraten, in einem neuen Gutachten für nationale Maßnahmen, die klimaschädliche Kohlekraftwerke vom Markt drängen sollen.
„Braunkohlekraftwerke sind eine große Gefahr für die Energiewende“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Martin Faulstich, am Dienstag. Um ihre Stilllegung zu erreichen, solle Deutschland nach britischem Vorbild eine CO2-Steuer einführen oder Grenzwerte für den Ausstoß des klimaschädlichen Gases festlegen.
Damit sich klimafreundlichere Gaskraftwerke am Markt gegen Kohlemeiler durchsetzen können, sei ein Preis von 25 bis 35 Euro je Tonne CO2 notwendig.
Die „Umweltweisen“ räumen offen ein, dass der höhere Gasanteil im Strommix den Börsenpreis steigen ließe. Falls dieser von den Versorgern weitergegeben wird, würden auf die Verbraucher höhere Kosten zukommen.
Genau das ist in Großbritannien passiert, wo die Regierung im April einen Mindestpreis von 19 Euro für Emissionszertifikate eingeführt hat.
Weniger Änderungsbedarf sehen die Sachverständigen bei der Förderung von erneuerbaren Energien. Kurz bevor am kommenden Dienstag die Höhe der Ökostrom-Umlage für das Jahr 2014 festgelegt wird, warnen sie vor radikalen Änderungen am Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), das die Finanzierung des Ausbaus über diese Umlage regelt.
„Das EEG darf auf keinen Fall abgeschafft werden“, sagte Faulstich. Änderungsvorschläge haben die Sachverständigen dennoch: Um die Produktion von Ökostrom stärker am Bedarf zu orientieren, sollten für neue Ökokraftwerke keine festen Vergütungssätze mehr gezahlt werden, sondern ein Aufschlag auf den Börsenpreis. Bei Strom aus pflanzlicher Biomasse sollte wegen „gravierender ökologischer Folgen“ ein Ende der Förderung erwogen werden.
Zudem sollte die garantierte Zahlung für Ökostrom-Anlagen statt an einen Zeitraum – bisher sind es meist 20 Jahre – künftig an eine bestimmte Strommenge geknüpft werden.
Grüne begrüßen den Vorstoß
Während der Bundesverband Erneuerbare Energie diese Umstellung kritisch sieht, reagierten die Grünen positiv auf den Vorstoß. Eine kommende Bundesregierung sei gut beraten, den Vorschlägen zu folgen, sagte der energiepolitische Sprecher Oliver Krischer. Auch die Grünen wollen das EEG nicht abschaffen, sondern im Grundsatz erhalten.
Das Gesetz regelt, dass die Mehrkosten für Ökostrom im Vergleich zum Börsenpreis über eine Umlage auf alle Stromkunden finanziert werden. Allerdings sind viele Industriebetriebe davon ausgenommen. Es wird erwartet, dass die Umlage von derzeit 5,3 Cent pro Kilowattstunde 2014 auf etwa 6,2 Cent steigt.
Für diesen Anstieg sei der Zubau von erneuerbarer Energie allerdings nur zu 13 Prozent verantwortlich, sagte die stellvertretenden Grünen-Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn. Der Großteil des Anstiegs komme durch den niedrigen Börsenpreis und die Ausweitung der Ausnahmen für die Industrie zustande. Wenn die Umlage von „sachfremden Kosten“ befreit würde, könnte sie sinken, statt zu steigen.
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