Bildung in Baden-Württemberg: Krieg um den Schulfrieden

Anschaffen, abschaffen, anschaffen: Grün-Rot ging anschaffen. Die CDU will sie 2016 wieder abschaffen. Was? Die Gemeinschaftsschulen.

Beliebtes Hobby unter BildungspolitikerInnen Bild: dpa

STUTTGART taz | Die Rhetorik in der baden-württembergischen Bildungspolitik dieser Tage strotzt nur so vor Pathos: Man habe keinen Krieg und müsse deshalb auch keinen Frieden schließen, sagen sowohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) als auch Oppositionsführer Peter Hauk (CDU). Gemeint ist ein Schulfrieden, der Ruhe in die Bildungslandschaft bringen könnte.

Die grün-rote Landesregierung hat mit der Gemeinschaftsschule einen grundlegenden Strukturwandel hin zum gemeinsamen Lernen von Kindern auf den Weg gebracht. Doch die Opposition findet an diesem Konzept keinen Gefallen. Die CDU würde nach einem Wahlsieg 2016 die Zeit wieder zurückdrehen, wie ein jüngst vorgestelltes eigenes Schulkonzept zeigt.

Im CDU-Konzept bleibt das Gymnasium unangetastet. Es gehe um die Weiterentwicklung von Real- und Hauptschulen, heißt es bei der Vorstellung der Idee. Klasse 5 und 6 verbringen Schüler beider Schularten gemeinsam, danach wird nach Leistung sortiert. Halbjährlich soll aber ein Wechsel zwischen beiden Bildungswegen möglich sein. Die Schulorganisation sieht Realschulen vor, an denen man auch den Hauptschulabschluss machen kann – und umgekehrt. Alles unter einem Dach, aber eben doch voneinander getrennt.

Kretschmanns Landesregierung hat hingegen ein Zwei-Säulen-Modell eingeführt, das neben dem Gymnasium aus Gemeinschaftsschulen besteht, die zu den anderen Bildungsabschlüssen führen. An inzwischen 129 Schulstandorten wird das neue Modell erprobt. Weitere 108 Anträge auf eine Gemeinschaftsschule zum nächsten Schuljahr wurden gestellt. Die Landesregierung schafft also Fakten: Eine Kehrtwende nach der Landtagswahl 2016, für die sich die CDU bereits rüstet, würde für die Schulen eine erneute Phase der Umstellung bedeuten, in der es mehr um Organisationsstrukturen als um Inhalte geht.

Große Akzeptanz vor Ort

Deshalb also die Idee des Schulfriedens. Kretschmanns Vize Nils Schmid (SPD) hat die Idee eines solchen Friedens an die CDU herangetragen, wie ein öffentlich gewordener Brief zeigt. Doch Hauk erteilte dem Ansinnen wenig später eine deutliche Absage: „Die schiere Suche nach einem Schulfrieden ist meiner Meinung nach falsch.“

Die Lehrergewerkschaft GEW hatte sich ein anderes Ergebnis gewünscht. „Langfristig wäre eine Einigung sinnvoll“, sagt Geschäftsführer Matthias Schneider. Er sieht zwar den Unwillen der CDU, zweifelt aber auch an der Ernsthaftigkeit des SPD-Angebots. „Das Vorgehen beider Seiten zeigt: Es geht um einen Schlagabtausch und nicht um eine sachliche Auseinandersetzungen mit Möglichkeiten zur Modernisierung der Schulen.“

Die Bürgermeister im Land kämpfen um Bildungseinrichtungen, die möglichst viele Kinder zusammenführen und trotz sinkender Schülerzahlen in Baden-Württemberg auch künftig Bestand haben dürften: um Gemeinschaftsschulen. Die meisten der Amtsträger auf dem Land dürften übrigens der CDU oder der FDP/Freie Wähler angehören. Die GEW sieht eine große Akzeptanz dieser neuen Schulart vor Ort. Ein Schulfrieden muss womöglich gar nicht politisch verordnet werden. Er könnte von unten wachsen, ohne dass die politischen Ränkespieler davon Notiz nehmen.

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