Kommentar Investmentdesaster der BVG: Der Betrug an dummen Deutschen
Die Investmentbank JPMorgan hat die Berliner Verkehrsbetriebe abgezockt. Es handelt sich um weit mehr als eine Lokalposse.
E s handelt sich um Betrug. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wurden hereingelegt – und zwar von der größten Investmentbank der Welt, von JPMorgan. Denn die Amerikaner wussten genau, dass sie Schrottpapiere verhökerten. Schließlich hatte JPMorgan diesen Schrott selbst fabriziert. Die Bank wollte sichere Gewinne kassieren; eventuelle Verluste sollten die Trottel in Deutschland tragen.
Kein Zweifel: Die Berliner haben sich selten dämlich angestellt. Dennoch handelt es sich um weit mehr als eine Lokalposse. Der Deal zwischen JPMorgan und den Verkehrsbetrieben illustriert exemplarisch, wie es zur Finanzkrise kommen konnte, die ab 2007 die ganze Welt erschütterte. Gleichzeitig wird deutlich, wie gnadenlos und systematisch die großen Investmentbanken ihr Insiderwissen ausgenutzt haben.
Es war nämlich kein Zufall, dass der Deal mit den Berlinern ausgerechnet 2007 zustande kam – und es war auch kein Zufall, dass ihnen synthetische „Collateralized Debt Obligations“ angedreht wurden. Um die Perfidie zu verstehen, muss man wissen, was sich hinter dem Ausdruck „synthetisch“ verbirgt. Diese Obligationen waren keine klassischen Wertpapiere, sondern faktisch handelte es sich um ein großes Bündel aus Kreditausfallversicherungen, auch „Credit Default Swaps“ genannt. Es waren hochriskante Derivate, die sich als biedere Wertpapiere tarnten.
Diese Kreditderivate waren 2007 sehr beliebt – bei Spekulanten an der Wall Street, die darauf wetten wollten, dass der Immobilienboom in den USA zusammenbricht und Banken wie Lehman Brothers in den Abgrund reißt. Denn Insider wussten bereits im Frühjahr 2007, dass viele arme Amerikaner ihre Hypotheken nicht mehr bedienen konnten. Der Kollaps war absehbar, und an ihm wollten die Spekulanten verdienen. Einziges Problem für die Insider: Sie mussten Dumme finden, die bereit waren, gegen eine kleine Gebühr ein enorm hohes Kreditrisiko zu versichern. Zu diesen Dummen gehörte dann die BVG.
Der Deal zwischen JPMorgan und den Berlinern folgt dem klassischen Muster, das in der gesamten Finanzkrise zu beobachten war: Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste sozialisiert. Leider hat sich daran bis heute nichts geändert. Wieder drehen die Investmentbanken das große Rad, und bei der nächsten Krise darf erneut der Steuerzahler haften.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies