Mixed Martial Arts in Deutschland: Ein Sport kämpft um Anerkennung
Der Kampfsport MMA wurde in Deutschland mit einem Fernsehverbot belegt. Für 2014 hofft die Szene auf einen Aufschwung.
BERLIN taz | So groß hat es noch nie ein deutscher Veranstalter versucht: Wenn am Samstag die aus Berlin stammende Reihe „We Love MMA“ zum ersten Mal in die Arena in Oberhausen einlädt, dann wird das, mit 3.000 angebotenen Zuschauerplätzen, der bislang ambitionierteste deutsche Kampfabend in den „gemischten Kampfkünsten“ sein. Mixed Martial Arts, kurz MMA, führen in Deutschland nach wie vor ein Schattendasein.
Dabei gibt es immer mehr Veranstaltungen, die nur oder zumindest auch MMA-Kämpfe zeigen – und immer mehr Kampfsportschulen, die MMA in ihr Programm aufnehmen. Die Sportler, und zunehmend auch Sportlerinnen, kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten, haben alle Bildungsgrade. Die Komplexität des Sports mit Techniken aus dem Boxen, Kickboxen, Muay Thai, Ringen, Judo und Brazilian Jiu Jitsu reizt immer mehr Menschen.
2009 sah es so aus, als könne die MMA-Szene einen Sprung nach vorn machen: Die Ultimate Fighting Championship (UFC), der weltweit größte MMA-Veranstalter aus den USA, kam nach Köln und zog 11.000 Besucher in die Halle. Der damalige Sportsender DSF übertrug die UFC-Veranstaltungen am späten Samstagabend im Free TV.
Doch dann kam es Schlag auf Schlag: Im März 2010 entschied die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, dass das DSF die Programme absetzen muss. „Der Fernsehausschuss hält die genannten Formate durch die Massivität der gezeigten Gewalt für nicht akzeptabel“, hieß es da und weiter: „Die darin stattfindenden Tabubrüche, wie das Einschlagen auf einen am Boden liegenden Gegner, widersprechen dem Leitbild eines öffentlich-rechtlich getragenen Rundfunks.“ Seither ist MMA im deutschen Fernsehen tabu.
Hallenverbot durch den Berliner Senat
In Berlin sorgte der Senat dafür, dass eine Veranstaltung in der Max-Schmeling-Halle nicht stattfinden konnte. Im Mecklenburgischen Landtag wurde ein Antrag von CDU, SPD und FDP verabschiedet, der das generelle Verbot von MMA-Veranstaltungen zum Ziel hatte. Peinlich, dass die Abgeordneten in der Debatte nicht einmal den Namen der Sportart richtig aussprechen konnten. Nur der NPD-Vertreter fabulierte über „Disziplin und Manneszucht“ und stimmte dagegen - was dem Sport auch nicht gerade half.. Die Szene zog den Kopf ein. Zwar wurden weiterhin überall in Deutschland Kampfabende durchgeführt, doch nach einer Flut negativer Medienberichte über die „Blutboxer“, die sich vor johlendem gewaltdurstigen Publikum die Köpfe einschlügen, scheute man den Kontakt zur Presse.
Das hat sich inzwischen geändert. Die Veranstalter von „We Love MMA“ rund um den Promoter Marcus Wortmeier und Matchmaker Frank Burczynski, die seit Ende 2010 schon sechsmal die Berliner Universal Hall ausverkauft haben, haben von Anfang an darauf gesetzt, den Sport aus der Schmuddelecke zu holen und aktive Medienarbeit zu betreiben, mit immer größerem Erfolg, zum Beispiel bei RTL und Berliner Zeitung. Andere ziehen mit. Die Szene jubelte, als vor knapp zwei Wochen eine gut recherchierte Dokumentation über drei deutsche MMA-Sportler auf Spiegel-TV erschien.
2014 will nun auch die UFC wiederkommen – so hieß es jedenfalls. Gerade erst hat das Unternehmen das Recht erstritten, gegen das Sendeverbot gerichtlich vorzugehen. „We Love MMA“ zieht im Juni ins Berliner Tempodrom, im September in die O2-World in Hamburg. Mit „Fair FC“ startet im Februar in Herne eine weitere Reihe, deren Veranstalter und Matchmaker Isa Topal schon lange im Geschäft ist.
„Die Weichen für ein erfolgreiches Jahr sind gestellt“, sagt Mark Bergmann, Chefredakteur des Kampfsportmagazins GroundandPound. Dennoch rät er zur Vorsicht: „Anfang 2013 dachten auch alle, jetzt ginge es richtig los.“ Stattdessen kündigte die bis dato größte Eventreihe „Respect FC“ an, sich zu verkleinern, die recht erfolgreiche „Superior FC“-Reihe ging ganz vom Markt. Im November scheiterte der Versuch, eine neue Reihe in Castrop-Rauxel aufzulegen, am Unvermögen der Veranstalter und endete in einem Skandal.
„Es reicht nicht, den Sport zu mögen“, sagt Marcus Wortmeier, „Veranstalter sein, ist heutzutage ein Ausbildungsberuf.“ Nur: Ihn kann jeder machen. Und auch der Versuch, einen einheitlichen Dachverband zu bilden, der sich darum kümmert, ging bislang schief. Derzeit sind gleich zwei Verbände mit diesem Anspruch am Start – ob sich davon auch nur einer durchsetzt, ist unklar. Bis dahin gilt: Einheitliche Regularien, Lizenzen, Kämpferpässe – Fehlanzeige. Der Weg in den Mainstream ist für MMA in Deutschland noch recht weit.
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