Gamification für den Unterricht: Lehrer lässt daddeln
Mit einem selbst entwickelten Spiel macht ein Highschool-Lehrer im US-Bundesstaat Minnesota seine Schüler zu Politik-„Fans“. Jetzt will er expandieren.
BERLIN taz | Die Eingebung kam Eric Nelson, als er bei der Vorbereitung auf seine Sozialkundestunde die Konzentration verlor. Da wandte er sich seinem Computer zu und dem Internetspiel „Fantasy Football“ – einer Art Tippspiel, das die eigene Spielmannschaft mit realen Sportergebnissen verknüpft. Eigentlich, dachte er sich, könnte man dieses Prinzip auch auf andere Dinge übertragen. Politik, zum Beispiel.
Nelson ist damit Vorreiter eines Trends in der Bildung, der seit einigen Jahren in Wirtschaftsunternehmen Einzug hält: der sogenannten Gamification. Elemente aus Computerspielen wie etwa Highscores, Punkte oder Strategieaufgaben sollen Arbeitnehmer für reale Aufgaben motivieren.
Seiner Klasse an der North Lakes Academy in Forest Lake, Minnesota, präsentierte Nelson bereits im Jahr 2009 „Fantasy Geopolitics“: Die Schüler bilden ein Team aus drei Ländern der Erde – bloß die USA und China sind wegen ihrer Mediendominanz als Einsatz verboten.
Empfohlener externer Inhalt
Dann verfolgen sie die globalen Nachrichten der Zeitung New York Times. Für jede Erwähnung ihres Teams in der Presse gibt es einen Punkt. Seine Schüler seien heute „Fans von diesen Ländern“, sagt Nelson dem Nachrichtenportal Mashable. Nebenbei lernten sie geopolitische Fakten und Hintergründe.
„Fantasy Geopolitics“ hat sich mittlerweile auch in anderen US-Klassenzimmern etabliert. Nelson bekam Unterstützung vom Bildungsnetzwerk 4.0 Schools und sammelt seit einer Woche Spenden über die Plattform Kickstarter, um sein Spiel weiterzuentwickeln und an andere Schulen zu bringen. 10.000 US-Dollar will er dafür sammeln, 7925 Dollar hat er schon zusammen und ihm bleiben noch 11 Tage.
„Die Schüler begannen, nach mehr Möglichkeiten zu fragen“, sagt Lehrer Nelson. Sie hätten nun Lust, zwischen ihren Länder-Teams Handel zu treiben oder Allianzen zu bilden. Für sie ist es das nächste Level im Politik-Game. Für Eric Nelson belegt ihr Interesse eine „Revolution des Lernens“, sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen