Haftstrafen für Marktmanipulation: Auch Bankster sind Gangster

Mal eben die Grundlage für Milliardengeschäfte zu manipulieren, soll künftig hart bestraft werden, findet das Europaparlament. Aber spielen die Briten mit?

Moralische Ächtung in allen Ehren. Aber nix geht über schwedische Gardinen. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 hat es in der EU keine Gefängnisstrafen für betrügerische Banker und Börsen-Händler gegeben. Das soll sich nun ändern: Wenn es nach dem Europaparlament geht, drohen Insider-Händlern und kriminellen Bankster künftig Höchststrafen von mindestens vier Jahren Haft. Nicht nur die Manipulation von Zinsen, Kursen und anderen Finanzdaten, sondern auch Anstiftung und Beihilfe werden strafbar.

Damit zieht die EU die Konsequenz aus den jüngsten Skandalen um die Referenzzinsen Libor und Euribor. Der Libor wird einmal täglich in London ermittelt und beruht auf den von den Banken gemeldeten Refinanzierungskosten. Er ist Basis für weltweite Finanztransaktionen wie Hypotheken und Derivate im Volumen von mehr als 500 Billionen Dollar.

Mehr als ein Dutzend Großbanken werden beschuldigt, den Libor – und sein Pendant in der Euro-Zone, den Euribor, – durch falsche Angaben zu ihrem Vorteil verzerrt zu haben. Als Strafe hatte die Kommission Anfang Dezember gegen sechs Institute – darunter die Deutsche Bank – eine Kartellstrafe in Rekordhöhe von 1,7 Milliarden Euro verhängt.

Zudem forderte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, die Täter müssten „rücksichtslos“ bestraft werden. Dies wird nun umgesetzt – wenn die EU-Mitgliedstaaten mitspielen. Sie müssen den Gesetzentwurf nämlich noch absegnen und in nationales Recht umsetzen; vor allem in Großbritannien könnte dies schwierig werden. Schließlich profitiert London mehr als jeder andere Finanzplatz vom Geschäft mit dem Geld. Hier ist der Widerstand gegen neue Regulierungen aus Brüssel auch meistens am größten.

Lob kommt dagegen aus Deutschland. „Kriminelles Verhalten hat auf Europas Finanzmärkten keinen Platz“, sagte der Chef der SPD-Gruppe im Europaparlament, Udo Bullmann. Sogar die FDP klatscht Beifall: „Bisher gab es in Europa keine einheitlichen Regelungen für Strafen bei Insider-Handel und Marktmanipulationen“, so FDP-Finanzexperte Wolf Klinz. „Dadurch war es für Täter einfach, sich das EU-Land mit dem geringsten Strafmaß auszusuchen.“ Damit sei nun künftig Schluss.

Allerdings hatten die Liberalen im Vorfeld versucht, den Entwurf zu entschärfen. Sozialdemokraten, Grüne und Linke hielten dagegen. Das letzte Wort haben nun die EU-Staaten. Wenn sie das Gesetz annehmen, haben sie immer noch großen Spielraum - sie können das Strafmaß nämlich selbst festlegen. Man darf gespannt sein, wie die Höchststrafe in Deutschland ausfällt – vier Jahre oder mehr?

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