Präsidentschaftswahl in Ägypten: 97 Prozent für Abdel Fattah El-Sisi
Der Ex-Militärchef hat nach vorläufigen Ergebnissen haushoch gewonnen. Die Muslimbrüder bezweifeln die Angaben zur Wahlbeteiligung und rufen zum Protest auf.
KAIRO dpa | Der frühere Militärchef Abdel Fattah El-Sisi hat bei der Präsidentenwahl in Ägypten wie erwartet einen haushohen Sieg errungen. Nach vorläufigen Ergebnissen, die am Donnerstag von regierungsnahen Medien veröffentlicht wurden, erhielt der Feldmarschall rund 97 Prozent der gültigen Stimmen. Sein einziger Konkurrent, der linke Aktivist Hamdien Sabahi, kam demnach gerade einmal auf drei Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei nach Einschätzung lokaler Wahlbeobachter bei etwa 48 Prozent.
Die Wahlkommission hatte am Dienstagabend kurzfristig beschlossen, den Urnengang von zwei auf drei Tage zu verlängern. Offensichtlich hatte die Wahlbeteiligung an den ersten beiden Tagen gewisse Kreise nicht zufriedengestellt.
Mehr als eine Million der den 53,9 Millionen Wahlberechtigten gaben ungültige Stimmzettel ab. Zum Vergleich: Sabahi erhielt rund 752 000 Stimmen.
Der Vorsitzende der Delegation des Europäischen Parlaments bei den Wahlen, Robert Goebbels, sagte: „Die Wahl war demokratisch, friedlich und frei, aber nicht immer sehr fair.“ Die beiden Kandidaten hätten nicht das gleiche Maß an Unterstützung erhalten. Sabahi habe weniger Gelegenheit gehabt, die Wähler über die Medien anzusprechen als Al-Sisi.
Sabahi zeigte sich am Donnerstag als guter Verlierer. Er dankte im Kurznachrichtendienst Twitter den vorwiegend jungen Aktivisten, die ihn unterstützt hatten, mit den Worten: „Ihr habt an eurem Traum festgehalten und ihn mit Mut verteidigt.“
Muslimbrüder: Nur 11,82 Prozent wählten
Die Muslimbruderschaft, die zum Boykott aufgerufen hatte, bezweifelte die Angaben zur Wahlbeteiligung. Auf ihrer Website behauptete sie, an dem Urnengang hätten sich nur 11,92 Prozent der Stimmberechtigten beteiligt. Sie riefen zu neuen Protesten gegen die „Putschisten“ auf.
Der Muslimbruder Mohammed Mursi war 2012 als erster Zivilist zum Präsidenten gewählt worden. Alle früheren ägyptischen Präsidenten stammten aus dem Militär. Die Militärführung hatte Mursi und seine Regierung im Juli 2013 nach Massenprotesten abgesetzt. Seither sind Tausende von Angehörigen der Islamisten-Bewegung inhaftiert oder bei Protestaktionen gegen das Militär festgenommen worden. Auch zahlreiche linke Aktivisten wurden inhaftiert.
Die US-Organisation Democracy International, die auch Wahlbeobachter nach Ägypten geschickt hatte, erklärte: „Ägyptens Klima der Unterdrückung hat eine wirklich demokratische Präsidentschaftswahl unmöglich gemacht.“ Die Regierung müsse sofort Maßnahmen ergreifen, „um die politische Ausgrenzung und die Einschüchterungen zu beenden“.
Das offizielle Wahlergebnis wird für die kommende Woche erwartet. Dann soll El-Sisi seinen Amtseid ablegen. Parlamentswahlen sollen im Juli stattfinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung