piwik no script img

Drogenhandel in MexikoFußball kennt keine Gnade

Mexikanische Soldaten haben den Anführer des Tijuana-Drogenkartells verhaftet. Sie schlugen zu, während er das WM-Spiel zwischen Mexiko und Kroatien sah.

Drogenboss und Fußballfan: mit mexikanischer Flagge im Gesicht. Bild: ap

TIJUANA dpa | Den mexikanischen Streitkräften ist erneut ein Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelungen: Soldaten fassten am Montag den Anführer des Tijuana-Kartells. Bei der Festnahme von Fernando Sánchez Arellano alias „El Ingeniero“ sei kein einziger Schuss gefallen, sagte der Nationale Sicherheitsbeauftragte Monte Alejandro Rubido am Dienstag. Sánchez Arellano habe 100 000 US-Dollar (73 500 Euro) in bar bei sich getragen.

Medienberichten zufolge schlugen die Sicherheitskräfte zu, als der Verdächtige das WM-Spiel zwischen Mexiko und Kroatien sah. Auf einem von der Generalstaatsanwaltschaft veröffentlichten Foto trägt er aufgemalte mexikanische Flaggen auf den Wangen.

Sánchez Arellano gehörte zu den meistgesuchten Drogenhändlern des Landes. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte ein Kopfgeld in Höhe von 30 Millionen Pesos (1,7 Millionen Euro) auf ihn ausgesetzt. Ihm werden Drogenhandel, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen.

Auch die US-Antidrogenpolizei DEA fahndete nach dem Mann. Im vergangenen Jahr hatte das Finanzministerium in Washington Sánchez Arellano auf eine schwarze Liste gesetzt und sein Vermögen in den Vereinigten Staaten eingefroren.

Sánchez Arellano gehörte zur zweiten Führungsgeneration des Kartells, das Ende der 1980er Jahre von den Brüdern Arellano Félix gegründet worden war. Nach der Festnahme seines Onkels Eduardo Arellano Félix rückte er 2008 an die Spitze. Er habe eng mit seiner Mutter Enedina zusammengearbeitet, einer Schwester der Kartell-Gründer, heißt es bei der auf Sicherheitsthemen spezialisierten Nachrichtenseite „Insight Crime“.

Vielleicht ist es das Ende des Kartells

Das Tijuana-Kartell war einst eines der wichtigsten Verbrechersyndikate Mexikos und kontrollierte den Drogenschmuggel in den Westen der USA. Wie das verfeindete Sinaloa-Kartell ging die Gruppe aus dem bis zur Festnahme seines Gründers Miguel Ángel Félix Gallardo mächtigen Guadalajara-Kartell hervor.

Die Organisation verfügt über ausgezeichnete Kontakte zu Behörden und Sicherheitskräfte bis hinein in die USA. Experten zufolge hat das Syndikat zudem ein Geschäftsmodell entworfen, das die Verantwortung der Bosse für die kriminellen Geschäfte weitgehend verschleiert. Nachdem zahlreiche ihrer Führungsmitglieder festgenommen oder getötet worden waren und das Sinaloa-Kartell in ihren Einflussbereich drängte, hatte die Gruppe zuletzt allerdings erheblich an Einfluss verloren.

Im vergangenen Jahr erhöhten die mexikanischen Sicherheitskräfte den Druck auf die Drogenbosse. So fassten sie zuletzt den Chef des Sinaloa-Kartells, Joaquín „El Chapo“ Guzmán, und den Anführer von „Los Zetas“, Miguel Ángel Treviño Morales. Nazario Moreno und Enrique „Kike“ Plancarte Solís von den „Caballeros Templarios“ (Tempelritter) kamen bei Feuergefechten ums Leben.

Die Festnahme von Sánchez Arellano könnte das endgültige Ende des Tijuana-Kartells bedeuten, schreiben die Analysten von „Insight Crime“. An den Strukturen des organisierten Verbrechens werde der Schlag gegen das Syndikat grundsätzlich aber nichts ändern. Es könne davon ausgegangen werden, dass das Sinaloa-Kartell die Geschäfte des Konkurrenten übernimmt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare