Querfront-Konferenz in Berlin: Kommt, kommt nicht, kommt …
Der umstrittene Journalist Elsässer lädt zur alljährlichen Konferenz, diesmal nach Berlin – und kündigt Prominenz an. Ein SPD-Mann springt nun ab.
BERLIN taz | Die Rednerliste für die dritte Compact-Konferenz ist prominent besetzt. Angekündigt für die Veranstaltung des monatlich im brandenburgischen Werder erscheinenden „Magazins für Souveränität“ sind unter anderen der ehemalige CDU-Staatssekretär Willy Wimmer, der Staatsrechtler Karl-Albrecht Schachtschneider und der frühere SPD-Bundesminister Andreas von Bülow. Sie wollen am 22. November in Berlin über „Frieden mit Russland. Für ein souveränes Europa“ sprechen. Doch dass die genannten Redner nicht immer von ihrem Glück wissen, zeigt das Beispiel Christoph Zöpel.
Zöpel, 15 Jahre lang SPD-Bundestagsabgeordneter und von 1999 bis 2002 Staatsminister im Auswärtigen Amt, zeigte sich der taz gegenüber überrascht darüber, bei dem Kongress als Referent auftreten zu sollen. Zwar habe er mit Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer über die Konferenz gesprochen. An eine Zusage jedoch konnte er sich nicht erinnern. „Ich möchte dort nicht als Redner angekündigt werden“, sagte Zöpel zunächst der taz.
Warum nicht? Nach seinem Gespräch mit Elsässer habe sich Zöpel, wie er sagt, intensiver mit dem Journalisten beschäftigt und entschieden: Beim Kongress trete ich als Redner nicht auf. Zöpels Ansicht nach unterstütze Elsässer zu offenkundig die Politik von Russlands Machthaber Wladimir Putin.
Zwar sieht auch Zöpel die Notwendigkeit, mit Russland im Dialog zu sein. Aber als er von der taz mit Elsässers Forderung, die homofeindlichen Gesetze Putins auch in Deutschland einzuführen, konfrontiert wurde, war für Zöpel das Maß voll: Er werde auf keinen Fall auch nur als Zuhörer zur Konferenz erscheinen. „Diese menschenrechtswidrige Einstellung kann ich nicht unterstützen.“
Von links bis rechts
Der Journalist Elsässer, seine Zeitschrift und die Konferenzen sind höchst umstritten. Der Autor hat in den letzten Jahren eine politische Kehrtwende vollzogen: von ganz links nach ganz rechts. Bevor Elsässer 2010 Compact gründete, schrieb er für die links angesiedelten Blätter junge Welt, Neues Deutschland und Freitag. In seinem Monatsmagazin vereint er nun sämtliche Randpositionen des politischen Spektrums, von links bis rechts. Er beansprucht für sich, in diesen Spektren anerkannte Gesprächspartner des öffentlichen Diskurses zusammenzuführen.
Gegenüber der taz wollte sich Elsässer nicht äußern. Er beantworte keine Fragen der „Mainstream-Medien“, sagte er.
Die „Causa Zöpel“ ist kein Einzelfall. Schon für andere Compact-Konferenzen waren Referenten angekündigt, die dann nicht erschienen. Im vergangenen Jahr beispielsweise hatten der gerade verstorbene Journalist Peter Scholl-Latour sowie die frühere „Tagesschau“-Sprecherin Eva Herman ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Im Falle Herman machte Elsässer „persönliche Anfeindungen und Drohungen“ von Gegendemonstranten verantwortlich.
Elsässer tritt auch bei den vor einigen Monaten wieder ins Leben gerufenen „Montagsdemos“ für den Frieden auf, bei denen zahlreiche Verschwörungstheoretiker zu Wort kommen.
Wo die Compact-Konferenz genau stattfindet, ist noch nicht bekannt. Es ist lediglich von einem „großen Hotel am Potsdamer Platz“ die Rede. Wenn das am Ende nicht auch abspringt.
Leser*innenkommentare
Bernhard Meyer
... Und noch etwas:
Warum soll ein Willy Wimmer nicht etwas Gescheites zur Ukraine sagen können, bloß weil er altes CDU-Urgestein un Kohl-Fan ist? Und wenn Elsässer tatsächlich findet (und es keine üble Nachrede ist), man solle Putins Schwulenpolitik hier nachmachen, so würde ich heftig widersprechen und versuchen politisch dagegenzuwirken - mit Argumenten - aber nicht durch Diffamierung der Person. "Der hat das und das gesagt, also ist er rundum schlecht und redet nur Unsinn." Ich habe Elsässer ein zweimal reden gehört, das war gut und wenn es rechtslastig gewesen wäre, hätte ich mit Sicherheit gehört. Auf dem Ohr bin ich auch empfindlich.
Bernhard Meyer
Zitat: "bei denen zahlreiche Verschwörungstheoretiker zu Wort kommen."
Was wollen Sie eigentlich damit sagen? Vermutlich "Das sind alles Idioten! Nicht hinhören!! Achtung Infektionsgefahr!!!"
Seit mich diese merkwürdige Hetze gegen die "Putinversteher" aufgeweckt hat, bin ich hellhörig, wann immer wieder so ein Totschlag-Etikett aufgeklebt wird (neben den oben genannten gilt das auch für "Antisemit", "Wutbürger", "antiamerikanisch"). Immer drückt sich der Sprecher/Schreiber um konkrete Argumente. Er spricht nicht fair, beantwortet keine Frage, sondern diffamiert. Denn diese Begriffe sind negativ besetzt, obwohl das gerade bei den erstgenannten absurd ist.
Diese Totschlagwörter dienen einzig der Förderung der Dummheit, durch Störung des Diskurses.
Sie gehören nicht in eine offene TAZ, sondern eher in ein ideologisch verbohrtes Sektiererblatt oder halt zur oberflächlichen Spiegel-Springer-FAZ-SZ-ARD-Soße.
heinz martensen
"In seinem Monatsmagazin vereint er nun sämtliche Randpositionen des politischen Spektrums, von links bis rechts."
Das ist zumindest Elsässers Anliegen. In der Realität klappt es aber wohl nicht so ganz damit: http://www.akweb.de/ak_s/ak596/07.htm
10130 (Profil gelöscht)
Gast
Sind auch wieder Duma Vertreter eingeladen und anwesend und verteidigen das Gesetz zur Bekämpfung der homosexuellen Propaganda in Russland? Und ist auch Herr Sarrazin erneut mit dabei und kann seiner gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit frönen. Am besten noch Akif Pirinçci dazu bitten, Birgit Kelle und Gabriele Kuby. Vielleicht noch Herrn Lucke und Herrn Henkel, damit auch die AfD Vertreter erneut unterstreichen können, dass sie nicht rechts sind. Ach Frau Beatrix von Stroch wäre auch noch eine Bereicherung. Dann wäre die menschenfeindliche Chaotentruppe vollständig.
ebertus
Häme der endlich am großmedialen Katzentisch Angekommenen.
Engagiert
ebertus 20.08.2014, 17:38
„Häme der endlich am großmedialen Katzentisch Angekommenen“
Tatsächlich? Oder nicht doch eher die sachlich fundiert geäußerte Kritik an belegbarer Homophobie, belegbar unkritischer Putin-Verehrung und den verworrenen Verschwörungstheorien eines Rechtsaußen?
ebertus
Na dann mal "auf sie mit Gebrüll",
denn was das mögliche Frauenbild, Familie und gerade Homosexualität betrifft dürften Elsässer&Co. nicht einmal so extrem sein wie Teile der katholischen Kirche.
Aber "die" dürfen dass, sind keinesfalls Rechtsaußen, eher staatstragend und lieben schon mal kleine Jungs, oder?
Frederik Nyman
@ebertus Die Weltreligionen werden auch deutlich kritisiert aufgrund der nicht menschenrechtskonformen Ansichten und Handlungen. In diesem Land leben immer mehr Agnostiker und Atheisten und die Kirchenaustritte belegen die Kritik auch nochmals deutlich. Wenn das Christentum verfassungsrechtlich nicht privilegiert wäre, gäbe es die Sonderstellung bereits nicht mehr.