Krieg im Irak: US-Einsatz auch in Syrien möglich
Die USA überlegen, auch in Syrien Einsätze zu fliegen. Deutsche sind nach einer Umfrage gegen Waffenlieferungen in den Irak.
WASHINGTON/SULEJMANIA/MAINZ/LEIPZIG dpa/afp | Die US-Regierung schließt Luftangriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auch in Syrien nicht mehr aus. „Wir denken über alle Optionen nach“, sagte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel am Donnerstag im Pentagon auf die Frage eines Reporters. Hagel bezeichnete die radikale Sunnitenmiliz als extreme Bedrohung der Vereinigten Staaten. „Es ist weit mehr als eine Terrorgruppe“, sagte er. Sie sei „so hoch entwickelt und gut finanziert wie keine andere“.
US-Generalstabschef Martin Demspey erklärte, die Organisation könne nicht besiegt werden, ohne ihre Teile in Syrien ins Kalkül zu ziehen. Der Kampf müsse auf beiden Seiten der „quasi nicht existierenden Grenze“ zwischen dem Irak und Syrien geführt werden. „Das wird passieren, wenn wir ein Bündnis in der Region haben, das die Aufgabe übernimmt, IS langfristig zu besiegen“, sagte Dempsey mit Blick auf die internationale Gemeinschaft.
IS-Extremisten und Soldaten des syrischen Regimes von Präsident Baschar al-Assad lieferten sich am Freitag heftige Kämpfe um einen strategisch wichtigen Militärflughafen im Osten des Landes. Dabei seien mindestens 35 IS-Kämpfer umgekommen, berichtete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
IS-Kämpfer versuchen seit Tagen, den Flughafen Al-Tabka einzunehmen. Er ist die letzte Bastion des Regimes in der ostsyrischen Provinz Al-Rakka. Sollten die Extremisten den Flughafen erobern, könnten sie die Region unbehelligt beherrschen.
IS verlangte Lösegeld für Foley
Die Terrorgruppe kontrolliert im Norden und Osten Syriens rund ein Drittel der Fläche des Landes. Gemäßigtere Regimegegner befinden sich dagegen auf dem Rückzug, weil sie gegen das Regime und die Extremisten zugleich kämpfen müssen. Seit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im März 2011 kamen nach UN-Angaben bereits weit mehr als 190.000 Menschen ums Leben.
Die US-Nachrichtenseite Globalpost berichtete, die IS-Terrorgruppe habe den Eltern des getöteten US-Reporters James Foley eine Woche vor dessen Tod eine E-Mail geschickt. Darin kündigten die Extremisten die Bluttat als Vergeltung für die US-Luftangriffe im Nordirak an. Die Miliz hatte laut New York Times 100 Millionen Euro Lösegeld für den entführten Journalisten verlangt. Im Gegensatz zu europäischen Staaten lehnen es die USA kategorisch ab, Lösegelder zur Geiselbefreiung zu zahlen. Foley war Anfang dieser Woche von den Extremisten enthauptet worden.
Deutsche lehnen Waffenlieferungen ab
Die kurdischen Kämpfer im Irak haben nach eigenen Angaben eine Offensive gegen die Stadt Dschalaula im Nordosten von Bagdad gestartet. Der Angriff auf den von der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) gehaltenen Ort habe am Freitagmorgen begonnen, sagte ein Vertreter der Kurdenpartei Patriotische Union Kurdistans (PUK) der Nachrichtenagentur AFP. Demnach wurden bei den Gefechten in Dschalaula auf beiden Seiten Kämpfer getötet.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt einer aktuellen Umfrage zufolge die von der Bundesregierung geplanten Waffenlieferungen für die Kurden im Irak ab. 67 Prozent sprechen sich gegen solche Waffenlieferungen aus, wie das am Freitag in Mainz veröffentlichte ZDF-„Politbarometer“ ergab. Lediglich 27 Prozent unterstützen den neuen Kurs der Bundesregierung. Der Umfrage zufolge stoßen Rüstungsexporte in den Irak in allen Parteilagern mehrheitlich auf Ablehnung.
Die Bundesregierung hatte am Mittwoch ihre grundsätzliche Bereitschaft zu Waffenlieferungen an die kurdischen Kampfverbände im Irak erklärt, um diese in ihrem Kampf gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. Von der Dschihadistengruppe geht aus Sicht von 67 Prozent der Deutschen eine direkte Gefahr auch für Deutschland aus, wie das ZDF-"Politbarometer" weiter ergab. 28 Prozent der Befragten sehen eine solche Gefahr nicht.
Knapp die Hälfte der Befragten (49 Prozent) ist der Auffassung, dass Deutschland in Zukunft mehr Verantwortung bei der Lösung internationaler Konflikte übernehmen sollte. Fast ebenso viele sprechen sich jedoch gegen ein verstärktes Engagement aus (47 Prozent).
Hilfsflüge der Bundeswehr
Die Bundeswehr hat am Freitagmorgen die Hilfsflüge in den Nordirak fortgesetzt. Nach Angaben der Luftwaffe startete kurz nach 6.00 Uhr vom Flughafen Halle/Leipzig eine Antonov AN-124 mit rund 60 Tonnen Lebensmitteln und etwa 8,5 Tonnen Sanitätsmaterial Richtung Erbil im Irak. In die Region hatten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene gerettet, die vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflüchtet waren.
Die Maschine werde die Hilfsgüter im Krisengebiet abladen und anschließend weiter nach Mazar-i-Sharif in Afghanistan fliegen. Von dort aus sollen Materialien im Rahmen einer Rückverlegung der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) in die türkische Stadt Trabzon transportiert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen