Erneuerbare Energien: Photovoltaik frisst Stromspeicher

Pumpspeicherkraftwerke leiden unter der Energiewende, der sie eigentlich helfen sollen. Viel Solarstrom dämpft mittägliche Preisspitzen.

Strommarkt: In der Mittagszeit ist die Nachfrage am größten. Bild: dpa

FREIBURG taz | Die Stromwelt scheint paradox: Unter den inzwischen 49 Kraftwerken, für die bei der Bundesnetzagentur ein Antrag auf Stilllegung vorliegt, befindet sich inzwischen auch ein Pumpspeicherkraftwerk. Offenkundig kann sich also eine Technik, die mancher als so notwendig für die Energiewende erachtet, am Markt nicht mehr halten.

Das Kraftwerk auf der Liste der Netzagentur ist die Anlage Finnentrop-Rönkhausen. Sie wird von der Mark-E betreiben, einem regionalen Energieversorger mit Sitz im nordrhein-westfälischen Hagen. Die Anlage läuft bereits seit 1969, doch nun seien Investitionen „im zweistelligen Millionenbereich“ nötig, sagt ein Firmensprecher. Da derzeit nicht absehbar sei, wie dieses Geld am Strommarkt je wieder eingespielt werden kann, habe Mark-E nun den Antrag auf Stilllegung gestellt.

Der Schritt ist nachvollziehbar, wenn man sich die Preise an der Strombörse anschaut. Vor einigen Jahren noch war Strom in der Nacht billig und am Mittag teuer. Also wurde nachts Wasser den Berg hinaufgepumpt, um mit diesem am Tag wieder Strom zu erzeugen. Trotz der Energieverluste von rund einem Viertel lohnte sich das Geschäft, weil die Preisdifferenzen groß waren.

Doch die Zeiten haben sich geändert, zum einen durch den Rückzug der Atomkraft. Denn der Anreiz, Wasser zu pumpen, sinkt, je weniger Grundlastkraftwerke nachts Strom erzeugen, den niemand braucht. Zugleich verändert auch die Photovoltaik den Markt. Weil der Solarstrom im Tagesverlauf bevorzugt dann anfällt, wenn auch die Nachfrage am größten ist, kappt er die Preisspitzen. Mit gespeichertem Pumpstrom ist daher am Mittag nicht mehr viel zu verdienen.

Optimierte Marktsteuerung

Darüber hinaus erschwert die verstärkte Kopplung der nationalen Strommärkte in Europa das Geschäft mit der Stromspeicherung. Das heißt: Durch eine optimierte Marktsteuerung werden die Übertragungskapazitäten an den Grenzkuppelstellen bestmöglich ausgenutzt, wodurch Preisausschläge in den einzelnen Ländern gedämpft werden. Doch von diesen Preisdifferenzen im Tagesverlauf leben die Pumpspeicherwerke.

Und so leiden sie nun alle, die Betreiber entsprechender Anlagen. Vattenfall hat sein Kraftwerk Wendefurth in Sachsen-Anhalt für 40 Millionen Euro saniert und weiß nicht, ob die Anlage das Geld jemals wieder verdienen wird. Aus heutiger Sicht würde man die Investition wohl nicht mehr tätigen, sagt ein Firmensprecher. Ähnliche Töne kommen auch aus Österreich und der Schweiz.

Am kritischsten sind Neubauten. Im Südschwarzwald planten EnBW und RWE seit 2009 gemeinsam das riesige Projekt Atdorf: 1.400 Megawatt Leistung, sechs Jahre Bauzeit, 120 Hektar Flächenbedarf. Doch RWE hat sich zurückgezogen. Jetzt steht die EnBW alleine da mit einem noch immer in Planung befindlichen 1,7-Milliarden-Euro-Projekt, dessen Rentabilität nach derzeitiger Marktlage ausgeschlossen ist.

Als letzte Hoffnung setzen die Unternehmen auf Änderungen im Energiewirtschaftsrecht, wie etwa einen Nachlass bei den Netzentgelten. Auch hoffen sie auf einen sogenannten Kapazitätsmarkt, der Kraftwerken auch dann Einnahmen beschert, wenn sie gerade nicht im Einsatz sind, gleichwohl aber im Dienste der Netzstabilität als Sicherheit bereitstehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.