Kinderpornografie im Netz: Kampf gegen die Grauzonen
Familienministerin Schwesig stellt ein Netzwerk vor, das helfen soll, Missbrauchsinhalte schneller zu löschen. Bei Google gibt es besondere Warnhinweise.
BERLIN taz | Vom letzten Versuch einer Familienministerin, Kinder vor dem Missbrauch im Internet zu schützen, ist vor allem ein Spitzname geblieben: „Zensursula“. Ursula von der Leyen (CDU) hatte 2009 gefordert, Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten zu sperren. Bürgerrechtler protestierten gegen die Zensur – mit Erfolg. 2011 beschloss die Regierung, dass sogenannte Zugangserschwerungsgesetz ganz aufzuheben.
Mit derlei Widerstand muss die aktuelle Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bei ihrer Kampagne für mehr Kinderschutz im Internet nicht rechnen. Sie hat am Montag die Schirmherrschaft für das Netzwerk „Keine Grauzonen im Internet“ übernommen, das die Darstellungen von Kindern in sexuellen Posen bekämpfen will.
Kinderpornografie ist fast nur noch im Dark Web zu finden. Um Bilder von leicht bekleideten Kindern in aufreizenden Posen anzuschauen, braucht es nur einige einschlägige Suchbegriffe. „Posendarstellungen verletzen die Persönlichkeitsrechte von Kindern und sind oft Nährboden noch schlimmerer Formen von Gewalt“, sagte Schwesig bei der Vorstellung des Netzwerks. „Diese Form des Missbrauchs dürfen wir nicht dulden oder verharmlosen.“
Schwesig geht es darum, diese Bilder im Internet löschen zu lassen und nicht mehr auffindbar zu machen – und nicht, wie damals von der Leyen, die Seiten, die sie zeigen, zu sperren.
Provider aus den Niederlanden
In dem Netzwerk haben sich unter anderem das Zentrum für Kinderschutz im Internet, jugendschutz.net und Google zusammengeschlossen, nächstes Jahr soll die internationale Zusammenarbeit ausgeweitet werden. Denn die Mehrheit der Bilder werden über Provider aus den Niederlanden, Russland und den USA hochgeladen.
Zentral für das Gelingen des Projekts ist dabei Google mit seinem Marktanteil von über neunzig Prozent in Deutschland. Gibt dort jemand Begriffe ein, die auf die Suche nach Posendarstellungen schließen lassen, erscheinen ab jetzt große Hinweise, die davor warnen, dass Missbrauchsinhalte illegal sind und gemeldet werden müssen.
Es gibt eine Weiterleitung auf Hotlines, bei denen sich die Opfer melden können. Hinweise über Bilder von Kindern in sexuellen Posen werden an die Provider weitergeleitet und gelöscht. Vom Hochladen bis zur Löschung dauert es aktuell noch 18 Tage. Diese Zeit soll mithilfe des Netzwerkes auf zwei bis drei Tage reduziert werden.
Wer solche Bilder aus der Grauzone online stellt, verstößt seit vergangenem Freitag gegen das Gesetz. Da hat der Bundestag eine Verschärfung des Sexualstrafrechts beschlossen. Damit macht sich jeder strafbar, der Kinder nackt fotografiert, um die Aufnahmen zu verkaufen oder zu tauschen. Dabei handelt es sich um eine entschärfte Version des ursprünglichen Reformvorschlags von Justizminister Heiko Maas (SPD). Kritiker hatten befürchtet, dass womöglich auch Vorgänge wie das Fotografieren der eigenen nackten Kinder im Strandurlaub unter Strafe gestellt werden könnten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies