Flüchtlingszahlen des UNHCR: Todeszone Mittelmeer

Hunderttausende flohen allein in diesem Jahr in Booten nach Europa. Das hat das UNHCR bekanntgegeben. Mehr als 3.400 Menschen kamen dabei um.

Syrische Flüchtlinge an der Küste von Lesbos, Griechenland. Bild: dpa

BERLIN taz | Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Seid Ra’ad al-Hussein hat angesichts der Rekordzahl von Flüchtlingstoten im Mittelmeer am Mittwoch die Gleichgültigkeit der europäischen Länder angeprangert. Das „Desinteresse“ in zahlreichen Ländern angesichts des Leids der Menschen sei „zutiefst schockierend“.

Seit Anfang diesen Jahres kamen über 207.000 Menschen nach Europa. Bei der Überfahrt starben 3.419 Menschen. Das Mittelmeer wurde damit laut UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR zur „tödlichsten Flüchtlingsroute der Welt“. Weltweit machten sich nach Schätzungen des UNHCR mehr als 348.000 Menschen auf die risikoreiche Flucht über die Meere. Mindestens 4.272 von ihnen überlebten die Flucht nicht.

Die allermeisten Flüchtlinge steuerten Italien und Malta an. Die Behörden dort zählten unter anderem 60.000 Syrer und 34.500 Menschen aus Eritrea. Vor einigen Tagen starben erneut 17 Flüchtlinge im Mittelmeer. Am Dienstag wurden laut italienischen Medien rund 400 Flüchtlinge aus Syrien vor Sizilien gerettet. Das Schiff sei seit mehreren Tagen unterwegs gewesen. Auf dem Boot sollen auch 70 Kinder gewesen sein. Am Mittwoch wurden 400 Bootsflüchtlinge – die meisten von ihnen aus Syrien – von einem spanischen und einem isländischen Schiff geborgen.

In Italien hat die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit ihrer Mission „Triton“ im November das Flüchtlingsrettungsprogramm „Mare Nostrum“ abgelöst. Seit dem spektakulären Schiffsunglück vor Lampedusa im Oktober 2013 hatte die italienische Marine mit im zentralen Mittelmeer bis vor der libyschen Küste intensiv patrouilliert und dabei Zehntausende Schiffbrüchige gerettet.

Doch die EU hatte sich geweigert, für die Kosten des Programms aufzukommen – und die von Italien geretteten Flüchtlinge in der Union zu verteilen. Daraufhin entschied Rom Ende August, die Mission einzustellen. Frontex, so viel ist klar, wird das Programm nicht ersetzen können. Anders als Italiens Marine verfügt die EU-Grenzschutzagentur nur über wenig Material und Personal. Sie kündigte bereits an, sich auf die küstennahen Gewässer zu beschränken, obwohl mehr Flüchtlinge denn je mit maroden Booten in Libyen aufbrechen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wirbt für die Idee, für die Flüchtlinge Auffanglager in Afrika einzurichten. Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt warnte vor „gigantischen Zeltstädten, in denen Hunderttausende Menschen leben müssten. Das ist eine apokalyptische Vision.“ Höchst problematisch sei auch die dafür nötige Zusammenarbeit mit Staaten in Afrika. „Wie soll denn in Ländern wie Ägypten oder Libyen, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, ein Transitzentrum betrieben werden?“ Dort hätten die Menschen „keine Chance auf ein Asylverfahren nach europäischem Standard.“

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