Empfehlung vom EuGH-Generalanwalt: Eurorettung ist wohl legal

Die Europäische Zentralbank darf potenziell unbegrenzt Staatsanleihen kaufen. Das meint der Generalanwalt des EuGH. Geklagt hatten deutsche Politiker.

Was darf die EZB, um den Euro zu retten? Bild: reuters

BERLIN taz | Die Europäische Zentralbank kann grundsätzlich Staatsanleihen in unbegrenzter Höhe aufkaufen, um das Zinsniveau von Krisenstaaten auf ein „normales“ Maß zu senken. Ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) empfiehlt Pedro Cruz Villalón, einer der unabhängigen EuGH-Generalanwälte, in seinem Schlussantrag. Meist folgt der EuGH diesen Gutachten. Das Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.

Das Verfahren geht auf den Sommer 2012 zurück. Stark verschuldete Staaten, wie Spanien und Italien, mussten damals deutlich höhere Zinsen für ihre Staatsanleihen zahlen als etwa Deutschland. Auf den Finanzmärkten spekulierten viele auf ein Ausscheiden der hochverschuldeten Staaten aus der Eurozone und damit auf ein Scheitern der Währungsunion.

In dieser Situation erklärte EZB-Chef Mario Draghi, die EZB werde „alles Notwendige“ unternehmen, um den Euro zu retten. Im September kündigte die EZB dann per Pressemitteilung an, sie werde in unbegrenzter Höhe Staatsanleihen von gefährdeten Staaten aufkaufen, wenn diese sich zugleich zum Sparen verpflichten. Schon diese Ankündigung führte dazu, dass die Zinszuschläge deutlich zurückgingen. Der Euro war gerettet.

In Deutschland klagten die üblichen Euroskeptiker von Peter Gauweiler (CSU) bis zur Linksfraktion gegen das EZB-Programm. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich ihnen de facto an. Das Ankaufprogramm sei wohl eine „offensichtliche Kompetenzüberschreitung“ der Bank, beschlossen die Richter im Februar 2014, weil die EZB nicht für Wirtschaftspolitik zuständig sei und auch nicht unmittelbar Anleihen der EU-Staaten kaufen darf. Da für die Auslegung des EU-Rechts aber der EuGH zuständig ist, legte Karlsruhe diesem die Rechtsfrage vor.

Legitimes Ziel

Generalanwalt Cruz Villalón betonte, dass die EZB bei der Definition ihrer Geldpolitik ein weites Ermessen habe. Grundsätzlich sei es auch ein legitimes Ziel der EZB, die Zinssätze der Krisenstaaten zu senken, um wieder eine gewisse finanzielle Normalität herzustellen. Das Mittel – ein unbegrenzter Ankauf von Staatsanleihen – sei hierfür auch geeignet.

Zwar sei das Instrument mit bestimmten Risken verbunden, etwa dass es in einem überschuldeten Krisenstaat zu einem Schuldenschnitt kommt. Die EZB werde aber vorsichtig vorgehen, schon um ein „Insolvenzszenario“ zu vermeiden, glaubt der Generalanwalt. Allerdings sind die Zentralbanken der EU-Staaten zum Nachschießen von Mitteln verpflichtet, so dass diese Prognose die Skeptiker nicht sehr beruhigen dürfte.

Auch beim zweiten Punkt kam Cruz Villalón dem Verfassungsgericht nur leicht entgegen. Zwar sei das Verbot der mitgliedstaatlichen Haushaltsfinanzierung durch die Zentralbank streng auszulegen, weil es für die EU so fundamental ist.

Das Verbot beziehe sich aber nur auf den direkten Erwerb von dem jeweils betroffenen EU-Staat, so Cruz Villalón. Am sogenannten Sekundärmarkt könne die EZB aber natürlich Anleihen ankaufen, dass sei ein klassisches geldpolitisches Instrument. Um beides sauber zu trennen, müsse die EZB einfach eine gewisse Zeit abwarten, bis sich am Sekundärmarkt realistische Preise gebildet haben.

Auf das neue EZB-Ankaufprogramm, mit dem gegen Gefahren der Deflation vorgegangen werden soll, ging der Generalanwalt nicht ein. (Az.: C-62/14)

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