Nogida-Demonstrationen im Norden: Schwarz-rot-goldener Besuch
In Northeim haben sich die Gegner angeblicher „Islamisierung“ ausgerechnet bei einer antifaschistischen Aktion angekündigt – mitsamt ihren Deutschlandfahnen.
HAMBURG taz | „Keupstraße ist überall“: Unter diesem Motto sind für Dienstag in verschiedenen norddeutschen Städten Solidaritätsaktionen für die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle NSU angekündigt – in Anspielung auf den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße im Jahr 2000, zu dem jetzt im Münchner NSU-Prozess Zeugen ausgesagt haben. Eine Kundgebung des „Bündnisses gegen Rechtsextremismus“ im südniedersächsischen Northeim wollen nun ausgerechnet auch die örtlichen Gegner einer angeblichen „Islamisierung“ besuchen.
Auf ihrer Facebook-Seite erklärt die Gruppe Nogida: „Selbstverständlich“ werde man „diese Kundgebung unterstützen“. „Wir sind gegen Extremismus aller Art! Liebe Nogida Unterstützer kommt zahlreich am Montag.“ Doch sollen die Abendlandsverteidiger nicht bloß anwesend sein, sondern auch ihre Deutschlandfahnen mitbringen und die Gesichter entsprechend schwarz-rot-gold schminken.
Ungeheuerliche Störung des Gedenkens
Eine „Provokation“, sagt eine Sprecherin von der „Antifaschistischen Linken International“: Eine derartige Störung des Gedenkens sei ungeheuerlich. „Da will sich wer wichtig machen“, findet Erika Goebel vom DGB-Ortsverband, die die Aktion angemeldet hat. Sie ist skeptisch, „ob da wirklich wer von denen kommt“. Als Reaktion auf die Kritik erklärte Nogida, die bei Facebook 279 Fans hat, man habe „Dialog“ gewollt, jedoch seien andere Meinungen „anscheinend nicht erwünscht“.
Für die örtliche rechte Szene wäre eine Störaktion nicht die erste ihrer Art. In den vergangenen Jahren haben Rechtsextreme wiederholt Infoveranstaltungen mit Knallkörpern und Farbbeuteln angegriffen oder – weniger militant – Kundgebungen etwa gegen Lesungen abgehalten. Die Stadt Northeim hat sich derweil an die Staatsanwaltschaft Göttingen gewandt, nachdem Nogida im Internet das Stadtwappen verwendet hatte.
Man werde darauf achten, dass niemand den Anschein erwecken könne, hinter den „Gegnern der Islamisierung des Abendlandes“ stehe die Stadt, sagt Northeims Bürgermeister Hans-Erich Tannhäuser (parteilos). Er stehe „für eine pluralistische Gesellschaft“.
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