Streit um Olympia-Abstimmung: Henkel fehlt die Euphorie
Der Innensenator will nur erwachsene Deutsche zu einer Bewerbung Berlins befragen - weil es nicht anders möglich sei. Nicht mal seine Juristen teilen diese Einschätzung.
Das Abstimmungsverbot für Nichtdeutsche ist möglicherweise nicht so alternativlos, wie von Innensenator Frank Henkel (CDU) behauptet. Am Dienstag hatte Henkel den Entwurf des Senats für ein Gesetz vorgestellt, mit dem die Abstimmung über eine Olympia-Bewerbung Berlins am 13. September geregelt wird: Nur deutsche Berliner ab 18 Jahren dürfen abstimmen. „Ich hätte mir persönlich eine breitere Beteiligungsmöglichkeit gewünscht“, sagte Henkel. „Aber ich kann mir den Teilnehmerkreis nicht zurechtbiegen, wie ich will, sondern bin an Recht und Gesetz gebunden.“
Laut einem Bericht der Berliner Zeitung kamen indessen die Juristen in Henkels Verwaltung zu einem ganz anderen Ergebnis: Recht und Gesetz hätten auch eine Abstimmung schon ab 16 Jahre und inklusive aller Ausländer erlaubt. Die Zahl der Stimmberechtigten, die über eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 entscheiden können, hätte sich dadurch von 2,5 auf 3 Millionen erhöht. Wenn der Bericht stimmt, dann hätte Henkel sich also aus politischen Erwägungen dafür entschieden, Ausländer auszuschließen – und der Öffentlichkeit darüber die Unwahrheit zu sagen. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport war am Freitag allerdings nicht zu einer Stellungnahme in der Lage.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh hatte sich über den kleinen Kreis der Abstimmungsberechtigten enttäuscht gezeigt: „Ich bedauere den Beschluss des Senats sehr.“ Auf eine nochmalige Änderung des Gesetzes im parlamentarischen Verfahren hoffte er aber nicht: „Klar ist, dass nach diesem Senatsbeschluss mit der CDU-Fraktion keine Korrektur möglich sein wird.“
Die Arbeitsgemeinschaft Migration der SPD will dagegen noch nicht aufgeben: „Wir fordern den Senat auf, seine Entscheidung zu revidieren“, so Aziz Bozkurt, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft. Die geplante Regelung „passt kaum zu unserer modernen Stadt, wenn doch sehr gut zur altbackenen CDU“. Da es sich „um eine rechtlich unverbindliche Befragung handelt, wäre es ohne Probleme möglich, Berlinerinnen und Berliner ab 16 Jahre oder ohne deutschen Pass mit abstimmen zu lassen. Der Wille ist das Problem.“ Die Begründung des Innensenators sei „nicht nur sehr dünn, sondern einfach peinlich“.
Die Opposition aus Grünen, Linken und Piraten hatte die Entscheidung in einer gemeinsamen Erklärung ebenfalls bedauert: „Der Senat hat die Chance für ein wichtiges Signal vertan, dass er alle Berlinerinnen und Berliner ernst nimmt – auch diejenigen ohne deutschen Pass oder unter 18 Jahren.“ Am Freitag trafen sich die drei Fraktionen zu einem Gespräch, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Geplant ist ein gemeinsamer Gegenentwurf der Opposition: Die Regeln für solche Abstimmungen sollen in der Verfassung verankert werden, das Wahlmindestalter soll allgemein auf 16 Jahre sinken. Denkbar wäre auch eine Verfassungsklage gegen das Gesetz der Koalition.
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