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Kommentar Kampf gegen IS in LibyenZu lange weggeschaut

Mirco Keilberth
Kommentar von Mirco Keilberth

Europa hat den Islamisten in Libyen nur zugeschaut. Nun reicht es nicht mehr, nur zur Zurückhaltung aufzurufen. Es muss mehr tun.

Trauerfeier in Ägypten für die vom IS ermordeten Kopten. Bild: ap

I n dem vom Blut der Opfer rot gefärbten Mittelmeer richtet der maskierte IS-Kommandeur sein Messer gen Norden. „Wir werden bis nach Rom kommen“, verkündet er. Mit dem am Strand von Sirte professionell gedrehten Mord-Video hat der Islamische Staat (IS) seinen Machtanspruch in Afrikas ölreichstem Land deutlich gemacht – und die jahrelangen Beschwichtigungen von Diplomaten und Libyenexperten bloßgestellt.

Übersehen haben vor allem die Europäer den Willen ihrer Bündnispartner Katar und der weltweit verknüpften Szene des politischen Islam, den traditionelle toleranten, aber von den Diktaturen geschwächten Islam Nordafrikas durch ihre ultrakonservative Ideologien zu ersetzen.

Vor genau drei Jahren begann der Aufstand gegen Muammar al-Gaddafi. Bereits in seinen Gefängnissen bereiteten die Werber wahhabitischer und salafistischer Strömungen die nun Realität werdende neue Diktatur vor. Das von ihnen geschaffene Chaos wussten US-Geheimdienste für geheime Waffenlieferungen an syrische Rebellen zu nutzen, britische Diplomaten glaubten den Versprechen der Muslimbrüder und „Moderaten“, die Extremisten bald zu zähmen.

Das Gegenteil trat ein. Europa hat dieser stillen Übernahme Libyens nur zugeschaut, muss aber die Folgen tragen: Migration und Terrorismus. Europa darf sich jetzt nicht mit Mahnungen an Ägypten zur Zurückhaltung begnügen. Dafür ist es zu spät. Denn die pathetische Drohung am Strand von Sirte ist durchaus ernst gemeint. Europa muss dem saudischen und katarischen Export von Extremismus die rote Karte zeigen und den Zellen des IS in Libyen den Boden entziehen. Mit massiver Hilfe beim Aufbau von Polizei, Armee und politischem Dialog. Denn die Kommandos des IS benötigen wie die Flüchtlinge nur wenige Stunden über das Mittelmeer.

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Mirco Keilberth
Auslandskorrespondent Tunis
Mirco Keilberth berichtet seit 2011 von den Umstürzen und den folgenden Übergangsprozessen in Nordafrika. Bis 2014 bereiste er von Tripolis aus Libyen. Zur Zeit lebt er in Tunis. Für den Arte Film "Flucht nach Europa" wurde er zusammen mit Kollegen für den Grimme Preis nominiert. Neben seiner journalistischen Arbeit organisiert der Kulturwissenschaftler aus Hamburg Fotoausstellungen zu dem Thema Migration. Im Rahmen von Konzerten und Diskussionsveranstaltungen vernetzt seine Initiative "Breaking the Ice" Künstler aus der Region, zuletzt in Kooperation mit der Boell-Stiftung im Rahmen des Black Box Libya Projektes.
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2 Kommentare

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  • Gaddafi ist damals nach Bengasi marschiert. In China wurden die Studenten auf dem Tienanmen-Platz erschossen. Die Aufloesung Jugoslawiens hat viele Kriege und Tote verursacht. Der Kosovo wird von Mafiosi regiert. Gaddafi hatte diese 15-jaehrigen Sklavinnen im Keller. Was ist gerecht und richtig in der Politik? Wieso gelingt Demokratie in einigen Staaten, in anderen nicht?

  • Europa hat nur zugeschaut? Frankreich und England haben damals massiv in Libyen gebombt und haben zum Sieg einer hochgradig heterogenen Rebellengruppe beigetragen, die auch radikalste Islamisten, Rassisten und Menschenschinder mit einschloss. In Deutschland plädierte nicht nur Marieluise Beck für den Krieg, den sie als Lektion aus dem Holocaust für eine moralische Notwendigkeit hielt. Europa muss die Folgen tragen? Die Folgen trägt das libysche Volk mit Tausenden in Folterkellern Inhaftierten, Hunderttausenden auf der Flucht und dem teilweisen Zusammenbruch von Schulsystem, medizinischer Versorgung und Ernährungssicherheit. Der Westen hat dem libyschen Volk den islamischen Staat geschenkt. Es ist Zeit für Schuldeingeständnis und Wiedergutmachung.