: Die „Lieblingsmauer des Politbüros“ darf bleiben
■ Das Landgericht entschied gestern: Mauer bleibt, unterirdisches Toilettenhäuschen muß weg
Die Schlichtung des langwierigen Streites erging per Gerichtsentscheidung: Die Mauerreste am Potsdamer Platz, die der Krefelder Kaufmann Erich Stanke sein eigen nennt, dürfen auch weiterhin an ihrem angestammten Platz verweilen. Das unterirdische Toilettenhäuschen, ebenso Streitobjekt zwischen Stanke und der Bauverwaltung, allerdings nicht.
Gestern entschied das Landgericht, daß die einstweilige Verfügung vom 25. August über die noch bestehenden Mauerreste für unbefristete Zeit aufrechterhalten werde. Eine Umsetzung oder gar ein Abriß der „Lieblingsmauer des Politbüros“ (Stanke-Anwalt Hanns-Ekkehard Plöger) ist der Bauverwaltung deshalb untersagt. Immerhin habe Stanke dem Gericht glaubhaft dargestellt, daß er der Eigentümer der guten Stücke ist. Der letzte DDR-Grenzer-Chef hatte sie ihm vermacht.
Ein anderes Schicksal ereilte das unterirdische Toilettenhäuschen: Es darf nun aus dem Weg geräumt werden, um für einen Bahnausgang Platz zu schaffen. Das Gericht hatte entschieden, daß Stanke keine Benutzerrechte an dem stillen Örtchen mehr reklamieren kann, weil er seinen Besitzstand aufgegeben hat. 1992/93 hatte Stanke noch Parties darin gefeiert, seitdem hat er es weder für Feierlichkeiten noch für seine ursprüngliche Bestimmung genutzt. Deshalb können die Abrißarbeiten jetzt ungestört weitergehen.
Schon vor einer Woche hatte die Bauverwaltung vorsichtshalber damit begonnen – und wurden umgehend von der Polizei gestoppt. Ein richterlicher Beschluß vom 3. September segnete das Vorpreschen der Bauverwaltung vorläufig ab, gestern erging dann die endgültige Entscheidung. Die Prozeßbeteiligten zeigten sich – jeder mit Blick auf seine eigene Prioritätensetzung – erfreut über die Entscheidung.
Frieder Bühring, Chef der Hauptabteilung Tiefbau der Bauverwaltung, kam es besonders darauf an, das Toilettenhäuschen jetzt auch mit dem Segen des Landgerichts entfernen zu können. „Die Bauarbeiten dort sind sehr dringlich.“ Den Rest könne man jetzt auch in Ruhe regeln, so Bühring.
Auch Stanke-Anwalt Plöger ist „zufrieden“. Ihm kam es besonders darauf an, die Reste der Mauer an ihren angestammten Platz zu halten. Für das aus dem Jahr 1904 stammende Toilettenhäuschen will er allerdings in die Berufung gehen. Corinna Budras
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