piwik no script img

Nachtleben ohne Nikotin

SPD plant weitgehendes Rauchverbot. Auch in Berliner Clubs und Diskotheken soll nicht mehr gequalmt werden. Linkspartei.PDS stimmt zu. Vertreter der Länder suchen von heute an nach bundeseinheitlicher Regelung

Nichtraucher sollen künftig stadtweit aufatmen können. Das geht aus einem Beschluss des SPD-Arbeitskreises für Gesundheit und Umwelt hervor. Demnach soll sich der laut Koalitionsvertrag anvisierte Nichtraucherschutz nicht nur auf Restaurants beschränken. Auch Bars, Diskotheken, Clubs und Kneipen sollen in Zukunft rauchfreie Zonen sein. Nachtschwärmer müssten demnach ihre Kippen draußen vor der Tür anzünden. Auch die Linkspartei.PDS unterstützt die radikalen Pläne der SPD. „Das trifft sich mit unseren Intentionen“, sagte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld.

Die Rauchzeichen aus der Politik bringen auch die Berliner Wirte auf Trab. Der Hotel- und Gaststättenverband hat seine Mitglieder aufgefordert, in dieser Woche rauchfreie Tage einzuführen – um damit letzte Oasen für die Raucher zu retten. Die Lobby der Gastronomen fürchtet, ein generelles Verbot von staatlicher Seite könnte die Kunden insgesamt von Kneipen und Restaurants fernhalten.

Ob die von der rot-roten Koalition angestrebte Berliner Regelung zum Zuge kommt, ist aber noch ungewiss. Heute treffen sich Vertreter der 16 Bundesländer, um über ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Nichtraucherschutz zu beraten. Bis Ende Februar soll eine Lösung auf dem Tisch liegen.

Ein ursprünglich von den Bundestagsfraktionen von SPD und Union geplantes generelles Rauchverbot war im Dezember am Einspruch von Rechtsexperten gescheitert. Zu Recht wiesen diese darauf hin, dass im Bereich Arbeitsschutz nicht ohne Einbezug der Länder entschieden werden dürfe. Über diesen sollte das Verbot begründet werden.

Dennoch setzt die Bundesregierung weiter auf eine einheitliche Regelung – schon um dem Druck aus Brüssel nachzukommen. Die EU-Kommission strebt Gesetze für ein europaweites Rauchverbot in Hotels, Gaststätten und anderen öffentlichen Räumen an. In Frankreich wurde es bereits am Donnerstag eingeführt. Wer dort beim Rauchen an Arbeitsplätzen, in Bahnhöfen, Schulen, Verwaltungen, Geschäften, Sportstätten oder Krankenhäusern erwischt wird, muss 68 Euro Strafe zahlen.

Sollte es zu keiner bundesweit einheitlichen Regelung kommen, könnte der Senat zumindest Berlin zur dunstfreien Zone erklären. Ein entsprechender Gesetzentwurf könnte bereits im Frühsommer im Abgeordnetenhaus diskutiert werden. In ihrem im November abgeschlossenen Koalitionsvertrag hatten SPD und Linkspartei sich noch recht vage auf einen Nichtraucherschutz in öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern und Gaststätten geeinigt. Das Papier des SPD-Arbeitskreises geht nun wesentlich weiter. Eine Ausweitung auf sämtliche gastronomische Einrichtungen war bisher nicht vorgesehen. Auch die CDU unterstützt ein Rauchverbot in Restaurants, gibt sich allerdings bei weitergehenden Einschränkungen zurückhaltend. Diese seien nicht kontrollierbar, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Mario Czaja. Nadine Kleber

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen