piwik no script img

Deutsche Uni über alles?

■ Internationales Studium in Bremen, die Ausländerbehörde hält dagegen

Wissenschaft ist Austausch, sollte man meinen. Zumindest dachte das ein norwegischer Wissenschaftler, der derzeit auf Einladung der Bremer Uni an einem längeren Forschungsprojekt teilnimmt. Die Aufforderung, vor der Bremer Ausländerbehörde zu erscheinen, hatte er als freundliche Einladung verstanden. Statt eines anregenden Disputes erwartete ihn aber ein inquisitorisches Verhör. Was er denn in der BRD wolle, ob er beweisen könne, daß er Wissenschaftler sei und so weiter und so weiter. Erst als der arme Mann glaubhaft versicherte, ein stattliches Gehalt auf rechtlich einwandfreiem Wege vom Norwegischen Staat zu erhalten, wurde die Beamtin umgänglicher: „Ich dachte, Sie wollten sich bei uns widerrechtlich Sozialhilfe abgreifen.“

Erika Harjes-Badawi, Leiterin des Akademischen Auslandsamtes der Uni Bremen, ist verzweifelt: „Wir sind völlig abhängig von der Ausländerbehörde. Regelmäßig gibt es Ärger, dabei ist die Situation ausländischer StudentInnen in Bremen schon schwer genug.“Zwar gebe es einen ständigen Arbeitskreis zwischen Unileitung und Ausländerbehörde; aber, so Harjes-Badawi: „Solange die Beamtinnen der Behörde es als einen Erfolg ansehen, AusländerInnen zu drangsalieren oder gar abzuschieben, solange sind sie nicht fähig, über die oft existentiellen Bedürfinsse unserer Gäste zu entscheiden.“

Dabei bittet die Uni Bremen ausländische Studenten geradezu in die Hansestadt. Im Gegensatz zur übrigen BRD steigen in Bremen die Zahlen ausländischer StudentInnen. „Die Europäische Union finanziert internationale Studiengänge“, erklärt Uwe Gundrum, Pressesprecher der Uni. „Ab dem Wintersemester bieten wir in Bremen einen internationalen Studiengang „Wirtschaftsingenieur“an. Teile des Studiums müssen im Ausland abgeleistet werden. Mehrsprachigkeit wird vorausgesetzt. „Es findet sowohl ein Studentenaustausch statt als auch ein Austausch von Lehrenden“, sagt Gundrum. Überhaupt, wer sein Studium heute nach dem Motto durchziehen will, „man spricht nur deutsch“, studiere nicht marktgerecht. „Wir werden in Bremen zweisprachige Lehrveranstaltungen einführen“, so Gundrum.

„Die Pläne des Bundesinnenministers, Ausländern das Studium in Deutschland zu erschweren, und die tägliche Praxis der Bremer Ausländerbehörde sind gegen unsere Bemühung gerichtet, Bremens Universität der Welt zu öffnen“, sagt die Leiterin des Auslandsamtes der Uni.

So müßten ausländische StudentInnen in ihrem Heimatland auf der deutschen Botschaft nachweisen, daß sie sich ein Studium in der BRD leisten können. „Dabei wollen wir gar nicht nur betuchte, sondern talentierte Leute hier studieren lassen“, meint Harjes-Badawi. Während des Studiums würden Ausländer regelmäßig von der Behörde überprüft. Drei Monate im Jahr dürften ausländische StudentInnen in der BRD ohne Arbeitserlaubnis arbeiten. Aber es darf das Studium nicht beeinträchtigen. Bremen ist insofern generös, als hier ausländische StudentInnen zusätzlich 12 Stunden wöchentlich arbeiten dürfen – mit Arbeitserlaubnis. In anderen Bundesländern sind es nur zehn Stunden.

„Aber wenn das jemand in Anspruch nehmen will, fängt das Spießrutenlaufen an“, meint Harjes-Badawi. Der Arbeitssuchende müsse zuerst dem Arbeitsamt eine Arbeitstelle vorweisen. Die kassiert das Amt ein. Für den Fall, daß nämlich ein Deutscher diese Arbeit erledigen kann, wird dieser bevorzugt. Will kein Deutscher die Arbeit, wird sie einem „bevorzugten Ausländer“, etwa einem mit einem deutschen Partner verheirateten, angeboten. Zum Schluß, wenn sie nicht entnervt sind, kommen die ausländischen StudentInnen dran. „So werden unsere Gäste in oft üble Arbeitsverhältnisse gedrängt“, weiß Harjes-Badawi. „Nicht auszudenken, was die für ein Deutschlandbild mit in ihre Heimat nehmen.“ Thomas Schumacher

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen