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Schwere Krawalle im Hamburger Schanzenviertel

■ Nach massiven Einsätzen gegen die offene Drogenszene wurden Polizeiwagen attackiert

Hamburg (dpa/taz) – Etwa 30 Vermummte haben in der Nacht zum Dienstag im Hamburger Schanzenviertel mehrere Polizeiwagen angegriffen und eine Beamtin verletzt. Nach offiziellen Angaben waren zwei Polizisten zu einem Einbruch in ein Telekommunikationsgeschäft gerufen worden. Nahe dem Szene-Treff „Rote Flora“ seien sie „mit einem Steinhagel eingedeckt“ und der Wagen mit Molotowcocktails in Brand gesetzt worden. Ehe Polizeiverstärkung eintraf, bauten die Vermummten Barrikaden und zündeten sie an.

Auch drei zu Hilfe gerufene Streifenwagen und eine nachrückende Polizei-Hundertschaft wurden mit Steinen beworfen. Anschließend konnten die TäterInnen unerkannt entkommen. Einige zogen sich in die Deckung einer Technoparty in der „Flora“ zurück. Von 16 Partygästen wurden die Personalien aufgenommen.

Die Aktion, so ein Beobachter, sei eine Reaktion darauf, daß die Polizei das Schanzenviertel schon wochenlang „belagere“. Seit vergangenem Sommer hat sich um die „Rote Flora“ eine offene Drogenszene etabliert, woraufhin die Polizei regelmäßige Paßkontrollen durchführte und Platzverweise aussprach. Zuvor hatte ein nahe gelegener S-Bahnhof als Treffpunkt gedient. Von dem jedoch zog sich die Szene zurück, als die Polizei dort verstärkt zu repressiven Maßnahmen griff.

Weil nun auf den Straßen des Schanzenviertels Drogen gehandelt und konsumiert werden, fordern die AnwohnerInnen vom neuen rot-grünen Senat die Einrichtung einer zweiten „Fixerstube“, in der Junkies sich unter hygienischen Bedingungen ihren Schuß setzen können. Zur Zeit gibt es im Viertel nur einen solchen Raum, den „Fixstern“, und der ist völlig überlastet.

Im November richteten Gruppen aus der „Flora“ an der Rückfront des Stadtteilzentrums einen weiteren Raum provisorisch her. Ende März nun spitzte sich die Situation erneut zu. Der „Fixstern“ reduzierte seine Öffnungszeiten. Daraufhin kam es zu Großeinsätzen gegen Gruppen vermeintlicher Junkies und DealerInnen. Parallel versuchten die BeamtInnen, Kontakt zur Flora aufzunehmen. Die RotfloristInnen lehnten kategorisch ab. „Wir lassen uns nicht in Vertreibungsszenarien einbinden“, verkündeten sie Anfang April auf einer Pressekonferenz. Am Tag darauf riß die Polizei die dortige Fixerstube ab; die RotfloristInnen bauten sie wieder auf.

Bereits im Oktober gab es einen Anschlag auf einen Polizeiwagen. Damals setzten ebenfalls rund 30 Personen einen Kleinbus in Brand, aus dem heraus BeamtInnen die Drogenszene rund um die Uhr beobachteten. Elke Spanner

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