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Pütz und der Global Player

Ein Beamter kämpft gegen RWE Power und Garzweiler II

„Ich kann mit der Klage nicht warten, der Ort wird 2012 nicht mehr existieren“

Gegen das geplante Braunkohlegebiet Garzweiler II hat es Dutzende Klagen gegeben: von Kommunen, Kirchengemeinden, Umweltverbänden. Die meisten sind inzwischen abgewiesen, nur der BUND hat noch Verfahren laufen – und Stefan Pütz aus Immerath. Der 42-jährige Verwaltungswirt hat letzte Woche Revision beim Bundesverwaltungsgericht (OVG) eingelegt, seine Klage gegen die RWE Power AG geht damit in die dritte Runde.

Es geht um die drohende Enteignung von Pütz‘ Haus. 1997 zog der Beamte von Köln zurück in die alte Heimat. Seither engagiert er sich in den „Vereinten Initiativen Bürger gegen den Abbau Garzweiler II“. Dass sein Heim, der ganze Ort und alles ringsum einzig „für die Interessen der RWE-Aktionäre“ zerstört werden soll, findet Pütz ungerecht. „Ich hänge an der Gegend und davon ist in ein paar Jahren nichts mehr übrig.“ Diese Heimatverbundenheit ist es, die ihn antreibt in seinem fast aussichtslos anmutenden Kampf gegen einen übermächtigen Gegner. Natürlich ist er skeptisch, was seine Erfolgsaussichten angeht. „Ich muss damit rechnen, dass die Juristen Angst haben, einem der ganz Großen in Deutschland auf die Füße zu treten.“ Aber es bleibt ein Quäntchen Hoffnung, dass auch in der Rechtsprechung der „gesunde Menschenverstand etwas gilt“.

Tatsächlich ist die vorherrschende juristische Lesart in Sachen Bergbau kurios: Danach kann niemand gegen einen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan klagen, weil der angeblich keine „Drittwirkung“ auf Außenstehende hat. Dass aufgrund des existierenden Plans für Garzweiler II von 1997 längst umgesiedelt und abgerissen wird, ist juristisch bisher nicht relevant. Pütz müsste eigentlich warten, bis die Bagger etwa im Jahre 2015 kurz vor Immerath stehen und er enteignet werden soll. Aber, sagt Pütz, „ich kann mit der Klage nicht warten, der Ort wird 2012 nicht mehr existieren“. Selbst wenn er also in fernen Zeiten seinen Prozess gewinnen sollte, müsste er in einer Geisterstadt wohnen, „meine komplette Wohnsituation wäre zerstört“.

Das aber ist „mit rechtsstaatlichen Prinzipien und dem Grundrecht auf Schutz des Eigentums nicht vereinbar“, findet Dirk Jansen vom BUND. Der Verband unterstützt Pütz in seiner Klage. Jansen hofft, „dass es endlich zu einer Rechtsprechung im Sinne der Betroffenen kommt“.

Dass das Gericht die Revision beim OVG im Fall Pütz zugelassen hat, ist immerhin ein gutes Zeichen. Pütz‘ Eltern, die im benachbarten Otzenrath gewohnt haben, wird das allerdings nicht mehr helfen. Wie tausende Andere in der Gegend haben sie die Waffen gestreckt und sind umgesiedelt. Und das für ein Loch, das immer noch nur virtuell existiert. SUSANNE GANNOTT

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