: „Wir werden auf der ganzen Welt beneidet“
■ Vieles neu auf dem Großmarkt: Umschlaghalle, Transportsystem und Mehrwegkisten
Unter den geschwungenen Dächern des Großmarkts für Obst, Gemüse und Blumen an der Amsinckstraße wird kräftig investiert. 1994 hatte der Senat zugesichert, daß der Großmarkt in den kommenden 30 Jahren nicht verlagert werden soll. Vorangegangen war eine jahrelange Diskussion darüber, auf dem stadteigenen Gelände eine Mehrzweckhalle zu errichten.
Die Handelsfirmen im Großmarkt, von dem aus 15 Millionen VerbraucherInnen im Norden versorgt werden, wollen jetzt insgesamt über 200 Millionen Mark in den Ausbau der vernachlässigten Hallen investieren. Erste Neuerungen stellten sie gestern vor: eine vollklimatisierte Umschlaghalle, ein Trailerzugsystem für Schiene und Straße und eine Waschanlage für Kisten.
Beim Umschlag von rund einer Million Tonnen Obst und Gemüse im Jahr fallen täglich hunderte von Kisten als Müll an. Wenn die noch im Bau befindliche Waschanlage fertiggestellt ist, werden die Mehrweg-Behälter hier gereinigt. Danach beginnt der Kistenkreislauf von neuem: vom Erzeuger zum Händler und wieder in die Waschanlage. Eine Investition mit ökonomischen und ökonomischen Vorteilen ist auch das Trailerzugsystem. Die Kühltrailer werden in wenigen Minuten mit Hilfe eines Bahndrehgestelles vom LKW-Aufleger zum Güterwaggon und umgekehrt. Ab dem 1. September sollen Trailerzüge von Hamburg über München nach Verona fahren. Der Großmarkt verfügt über einen eigenen Bahnanschluß, der bisher aber kaum genutzt wird – 99 Prozent der Waren kommen per LKW. Für die Lebensmittelbranche, die auf frische und pünktliche Lieferungen angewiesen ist, stellt das neue Trailersystem eine „zügige“ Alternative zum Straßengüterverkehr mit programmiertem Dauerstau dar – zumindest dann, wenn es sich nicht um Erzeugnisse aus dem Hamburger Umland handelt.
Die Obst- und Gemüsebauern aus den Vier- und Marschlanden und dem Alten Land ernten in den frühesten Morgenstunden und bieten ihre taufrische Ware spätestens um 4 Uhr, wenn der Verkauf an die Händler beginnt, in den Auktionshallen an der Amsinckstraße an.
Die Vorzüge dieser zentralen verkehrsgünstigen Lage war in den Vorjahren in der Diskussion um die Mehrzweckhalle fast vergessen worden. 1993 wollte der Senat den Großmarkt nach Allermöhe verlagern. Als „ein törichtes Unterfangen“ urteilte Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) gestern bei der Besichtigung der neuen Anlagen. Einmalig günstig sei der Großmarkt an Bahn, Straße und Hafen angeschlossen, lobte Rittershaus: „Wir werden in der ganzen Welt darum beneidet.“ Vera Stadie
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