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Haus der Demokratie zwangsverwaltet

■ Haus der Demokratie soll unter die Aufsicht der Treuhand-Nachfolgerin kommen. Streit um Nutzung des Gebäudes der Bürgerbewegung und um Miethöhe. Entscheidung über Restitutionsanspruch noch offen

Das Haus der Demokratie soll ab sofort unter der Regie der Treuhand-Nachfolgerin BvS verwaltet werden. Ein entsprechender Beschluß der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des DDR-Parteienvermögens war, wie erst gestern bekannt wurde, bereits am Dienstag gefaßt worden. Anlaß für die überraschende Aktion war eine Beschlußvorlage, die die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) der Unabhängigen Kommission gewissermaßen auf den Schreibtisch gelegt hatte. Die BvS hatte moniert, daß das Haus in der Friedrichstraße, das im November 1989 von der damaligen SED-PDS an die Bürgerbewegung verkauft wurde, auch von Organisationen genutzt werde, die keine oder nur lose Beziehungen zur Bürgerbewegung hätten. Außerdem sei die Miethöhe nicht marktgerecht.

Das Haus der Demokratie protestierte gestern energisch gegen die Zwangsverwaltung. Der Nutzungsvertrag zwischen dem Verein „Haus der Demokratie“ und der „OEB Fundament“ vom Mai 1990, sagte Vereinssprecher Erhard O. Müller, sehe die unbefristete Nutzung als „Büro- und Versammlungsräume für Parteien, politische und andere Vereinigungen“ auf der Grundlage des Statuts des Hausvereins vor. Bis zum gerichtlichen Nachweis des Gegenteils habe der Vertrag seine volle Gültigkeit. Außerdem sei eine gewinnorientierte kommerzielle Nutzung gar nicht vorgesehen.

Der zuständige Mitarbeiter der Treuhand-Nachfolgerin, Bernd Stefan, interpretiert den Nutzungsvertrag allerdings als „nichtig“. Stefan beruft sich auf Urteile im Zusammenhang mit anderen DDR-Parteiimmobilien und fordert den Verein auf, auf langwierige juristische Auseinandersetzungen zu verzichten. Stefan erklärte sich bereit, auf eine „Bitte“ der Unabhängigen Kommission einzugehen, den Organisationen, die bereits am 18. März 1990 das Gebäude nutzten, „ein Verbleiben bis zur engültigen Entscheidung über die Restitution zu ermöglichen“.

Bislang ist noch nicht geklärt, ob das „Oberschlesische Steinkohlensyndikat“, während der Nazizeit ein Tochterunternehmen der Hermann-Göring-Werke, das Gebäude zurückbekommt. Gleichwohl, so verriet Bernd Stefan, könne es bei einer Restitution auch Schadensersatzansprüche an die BvS geben, weil das Gebäude nicht marktgerecht verwertet worden sei. Es sei deshalb Aufgabe der BvS, „daß die Mietverträge dem engen Rahmen des Vermögensrechts entsprechen“.

Wann eine Entscheidung über den Restitutionsantrag fällt, ist noch offen. Während das Haus der Demokratie im Herbst mit einem Beschluß rechnet, glaubt die BvS, daß das Bundesvermögensamt eine Entscheidung des Verfassungsgerichts über die Enteignungen der Grundstücke der „Liste 3“ abwarte. Uwe Rada

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