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„Blutaktie“ verliert in Karlsruhe

■ Die IG Farben AG (in Auflösung) bekommt enteignete Grundstücke in Ostdeutschland nicht zurück

Freiburg (taz) – Die IG Farben hat mal wieder einen Prozeß verloren. Gestern entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), daß die seit rund 50 Jahren „in Abwicklung“ befindliche Aktiengesellschaft keine Ansprüche auf Grundstücke in Ostdeutschland geltend machen kann. Sie bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Halle aus dem Juni 1993.

Das Vermögen der IG Farben war von den Alliierten wegen ihrer Verquickung mit dem NS-System nach 1945 sofort beschlagnahmt worden. Im Osten wurden die Chemieanlagen in „Volkseigentum“ überführt, im Westen wurde der 1926 gebildete Konzern lediglich in die alten Bestandteile (Bayer, Hoechst und BASF) aufgespalten. Da die IG Farben AG aber immer noch nicht abgewickelt ist, werden ihre „Liquidationsscheine“ auch heute noch an der Börse gehandelt. Nach der Wiedervereinigung hatte die Gesellschaft, die heute nur noch zwei Liquidatoren beschäftigt, sogar gehofft, ihre ehemaligen Grundstücke in Ostdeutschland wiederzubekommen.

Diese Hoffnung kann sie nach der gestrigen Entscheidung des BVerfG nun begraben. Formal wurde um 17 Grundstücke in Sachsen-Anhalt gestritten. Das Verwaltungsgericht in Halle hatte eine IG-Farben-Klage unter Verweis auf das „Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen“ abgelehnt. Danach müssen Grundstücke, die zwischen 1945 und 1949 enteignet worden waren, nicht zurückgegeben werden. Nach Ansicht des Hallenser VG sei im Falle IG Farben die Enteignung bereits mit dem „Kontrollratsgesetz Nr. 9“ Ende 1945 erfolgt. Dies bestritt die IG Farben in ihrer Verfassungsbeschwerde; die tatsächliche Überführung in Volkseigentum sei erst nach 1949 erfolgt.

In Karlsruhe hatten die Liquidatoren mit dem schlechten Image („Blutaktie“) allerdings keinen Erfolg. Das Urteil aus Halle sei „nicht willkürlich“, so die roten Roben.

Bei der IG Farben ertrug man die Nachricht jedoch mit Fassung. In der Sache hatte man die Verfassungsbeschwerde nämlich gar nicht so ernst gemeint. „Wir wollten nur nichts rechtskräftig werden lassen, falls die Bodenreform doch noch gekippt worden wäre“, erklärte Liquidator Joachim Bartels gegenüber der taz.

Dieses Kalkül war jedoch bereits im April diesen Jahres gescheitert. Damals hatte das Verfassungsgericht ein eigenes Urteil aus dem Jahr 1991 bekräftigt, wonach die während sowjetischer Besatzungszeit erfolgten Enteignungen tabu bleiben. Die erneute Karlsruher Entscheidung war erforderlich geworden, nachdem unter anderem Michail Gorbatschow erklärt hatte, die Unantastbarkeit dieser Enteignungen sei keine Bedingung für die Wiedervereinigung gewesen. Christian Rath

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