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Kanzler Kohl stoppt das Energiewirtschaftsgesetz

■ Entwurf des Wirtschaftsministers ohne Chance auf Kompromiß mit SPD

Bonn (taz) – Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) hat eine schwere Schlappe erlitten. Eigentlich sollte gestern sein Entwurf zur Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes im Kabinett beschlossen werden. Doch völlig überraschend wurde der auch in der Koalition umstrittene Gesetzentwurf von der Tagesordnung der Kabinettssitzung genommen.

Im Bundeswirtschaftsministerium wollte man sich gestern zu den Gründen für den Stopp des Gesetzentwurfes nicht äußern. Aus Regierungskreisen verlautete aber, daß Bundeskanzler Helmut Kohl selbst den Gesetzentwurf noch „nicht kompromißbereit genug“ gefunden habe. Der Kanzler kritisiert danach, daß die Kommunen die Leidtragenden eines solchen Gesetzes seien. Eine Zustimmung des sozialdemokratisch dominierten Bundesrates sei unwahrscheinlich.

Hintergrund ist, daß Rexrodt den Energiemarkt liberalisieren will, den sich neun Strommonopolisten untereinander aufteilen. Zukünftig soll jeder Anbieter von Strom und Gas jeden Kunden direkt beliefern können. Die Kommunen profitieren von der alten Regelung. Sie erhalten etwa sechs Milliarden Mark Konzessionsabgaben jährlich allein dafür, daß sie den Energiemonopolisten erlauben, ihr Gemeindegebiet mit Energie zu beliefern.

Die Kommunen befürchten, daß bei einem freien Markt Konzessionsabgaben nicht mehr möglich sind. Zudem haben sie die Sorge, daß die Stadtwerke der Konkurrenz der Energiemonopolisten nicht gewachsen sind.

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, die Reform werde durch die Verzögerung nicht in Zweifel gezogen. „Wir raten jedem, sich auf die Unausweichlichkeit eines freien Energiemarktes einzustellen.“ Dies sei schon allein wegen der im Juni dieses Jahres beschlossenen EU- Stromrichtlinie unumgänglich, die europaweit eine Marktöffnung vorschreibt.

Die Bündnisgrünen begrüßten gestern, daß die Kabinettsentscheidung über das Energiewirtschaftsgesetz verschoben wurde. „Auch Helmut Kohl mußte einsehen, daß die Vorlage so schlecht ist, daß sie nicht kompromißfähig ist“, sagte die energiepolitische Sprecherin Michaele Hustedt. In Bonn hieß es gestern, der Kanzler wolle die SPD mit Zugeständnissen bei den Kohlesubventionen gewinnen. Markus Franz

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