: Die Aktie „mit Vollkasko“ könnte teuer werden
■ Die deutschen Banken locken mit Rabatten. Aber was die Werbung unterschlägt, sind die späteren Kosten für An- und Verkaufsprovisionen sowie Depotverwahrung
Noch ist es nicht zu spät für den Kauf der neuen Volksaktie – auch nach Ablauf der Voranmeldefrist am letzten Montag darf der Spekulant in spe auf die T-Aktie setzen: „Fragen Sie Ihre Bank oder Sparkasse!“ Oder lassen Sie es bleiben.
Etwa drei Millionen Deutsche meldeten bislang – unverbindlich – ihr Interesse an einer T-Aktie beim „Aktien-Informations-Zentrum“ der Telekom AG an, die Hälfte sind bisher keine Aktienbesitzer. Die deutschen Banken befördern das Interesse mit ungewöhnlichen Rabatten: Für bis zu 300 T-Aktien erhebt die Deutsche Bank keine Depotgebühren. Voraussetzung: Die Papiere bleiben bis 1999 im Depot. Kleinanleger zahlen zudem keine Mindestprovision von 30 Mark (statt dessen ein Prozent vom Kaufwert).
Damit lockt die Commerzbank nicht. Dafür gibt's „Börse mit Vollkasko“. Dem T-Aktionist wird der Erhalt seines Kapitals bis ins Jahr 2002 zugesichert. Dafür verzichtet er auf eine Dividende und wohl einen Teil des eventuellen Kursanstiegs. „Damit wird die konservative T-Aktie noch konservativer“, sagt Anlageberaterin Tanja Adler von der Hamburger Filiale.
Gerade bei der T-Aktie könnte jedoch ein risikomindernder Verzicht auf die Dividende teuer kommen: Wirft die Durchschnittsaktie zwischen zwei und drei Prozent ab, verspricht die Telekom für 1997 eine Ausschüttung von 1,20 Mark pro Fünf-Mark-T-Aktie (so der Nominalwert). Je nach Einkaufspreis des T-Papiers könnte eine Dividende bis gut fünf Prozent herausspringen. Immerhin.
Den Kick einer Aktienanlage bringt aber nicht die Dividende, sondern ein möglicher Kursgewinn. Eine Garantie für diesen existiert allerdings nicht: Risiko! Auch ein Sinken unter den Ausgabekurs ist möglich. So wurde die Volksfürsorge-Aktie 1991, ebenfalls unter Führung der Deutschen Bank, für 800 Mark an die Börse gebracht. Am vergangenen Freitag krebste die Aktie bei mageren 531 Mark und 50 Pfenning herum.
Die Erfahrungen sind unterschiedlich: Die japanische T-Aktie liegt heute bei ihrem Ausgabekurs, die britische und niederländische kletterten weit darüber hinaus. Wichtig für den deutschen T-Kurs wird die wirtschaftliche Entwicklung des Telefonriesens sein. Die Telekom macht in Optimismus: Trotz fallenden Netzmonopols werde man erfolgreich arbeiten. Die Milliarden aus der Aktienemission sollen die Schulden tilgen, und die Kostenseite werde durch den Abbau von 37.000 Arbeitsplätzen bis zur Jahrtausendwende rigoros entlastet! Der weit verbreitete Kursoptimismus hat einen weiteren Grund: Ein T-Desaster wird sich der Finanzplatz Deutschland nicht leisten wollen, davor sei die Bankenmacht.
Die Erwartungen für den Ausgabekurs schwanken zwischen 20 und 30 Mark. Manche Experten halten nur einen Preis bis zu 25 Mark für akzeptabel. Wolf Brandes von der Verbraucherzeitschrift Finanztest fände auch 30 Mark okay. Aber daß „bei einem späteren Verkauf der T-Aktie 50 DM Gebühr anfallen können, wird in der Werbung nicht gesagt“, so Brandes. Und tatsächlich summieren sich die Kosten aus Ankaufsprovision, Verkaufsprovision, Depotverwaltung und Depotverwahrung erheblich. Jedes Institut macht dazu seine eigene Rechnung auf. „Fragen Sie Ihre Bank oder Sparkasse“... Hermannus Pfeiffer
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