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CDU verhindert Ausstellung

■ Wilmersdorfer CDU-Fraktion stimmt gegen Walter-Benjamin-Ausstellung. Erneute Debatte um Umbenennung des Seebergsteigs soll damit unterdrückt werden

Nachdem die Wilmersdorfer CDU-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bereits im Herbst die Umbenennung des Seebergsteig in Walter-Benjamin- Straße abgelehnt hat, wird es im kommenden Jahr auch keine Ausstellung geben, die dem jüdischen Schriftsteller und Literaturkritiker Walter Benjamin gewidmet ist. Ein entsprechender Antrag der bündnisgrünen Fraktion ist in der vergangenen Woche in der BVV von der CDU, die die absolute Mehrheit in Wilmersdorf hat, abgelehnt worden.

Zur Begründung sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietmar Nobiling, daß der „alleinige Bezug auf eine Person für eine Ausstellung zu kurz greift, um die vielfältigen Leistungen der Wilmersdorfer Bürger angemessen darzustellen“. Es sei „einseitig“, sich exemplarisch nur diesem Schriftsteller zu widmen. Vielmehr wolle die CDU eine Ausstellung, die sich mit dem Lebenswerk von Wilmersdorfern beschäftige, die aus „unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen und Glaubensrichtungen“ kommen.

Für den kulturpolitischen Sprecher der Wilmersdorfer Bündnisgrünen, Jürgen Karwelat, ist diese Begründung völlig unsinnig: „Dann dürfte zukünftig überhaupt keine Ausstellung mehr zu Einzelpersonen stattfinden.“ Jede Einzelausstellung sei nach Logik der CDU eine Herabsetzung aller anderen Künstler und Schriftsteller. Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Hella Dunger-Löper kritisiert den CDU-Beschluß scharf. Ihre Befürchtung: „Damit soll eine nochmalige Debatte über die Umbenennung des Seebergsteigs verhindert werden.“ Der Theologe Rheinhold Seeberg war ein geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus. Im Oktober hatte das Bezirksamt mit seiner CDU- Mehrheit beschlossenen, die 1991 von der damaligen rot-grünen Mehrheit beschlossene Umbenennung nicht weiterzuverfolgen.

Daß die CDU an einer erneuten Diskussion überhaupt nicht interessiert ist, gibt Dietmar Nobiling offen zu. Denn: „Der Wilmersdorfer Bevölkerung hat das Thema über.“ Außerdem gibt es nach Nobilings Auffassung keinen anderen Bezirk, der „soviel in dieser Richtung“ gemacht habe, zum Beispiel durch die Aufstellung von Gedenktafeln. Das Gegenteil scheint jedoch der Fall zu sein. So ist die Installation einer Gedenktafel für Helene Jacobs, die in den vierziger Jahren jüdische Flüchtlinge in ihrer Wohnung versteckt hatte, im September vergangenen Jahres von der CDU „aus Kostengründen“ abgelehnt worden.

Im kommenden Jahr soll laut Nobiling dennoch ein „Teil einer Straße“ in Wilmersdorf nach Walter Benjamin benannt werden. Um welche Straße es dabei handele, wollte der CDU-Fraktionsvorsitzende jedoch nicht mitteilen. Julia Naumann

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