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Drohbrief an französische Regierung

■ Algerische Islamisten kündigen neue Anschlagsserie in Frankreich an

Madrid (taz) – In den Pariser Elysee-Palast flatterte in diesem Jahr Weihnachtspost der unangenehmen Art. Die algerischen Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) schickten dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac einen zweiseitigen, auf arabisch abgefaßten Drohbrief. Im vom derzeitigen GIA-Führer Antar Zouaberi unterzeichneten Schreiben kündigen die Fundamentalisten an, „das Land zu zerstören“, falls Paris nicht drei Forderungen erfüllt.

Chirac soll sich für die Freilassung des in Algerien zum Tode verurteilten historischen GIA- Führers Abu Adlan Abdelhaq Layada „sowie einer Gruppe von Brüdern, deren Namen wir ihnen noch mitteilen werden“, stark machen. Zwei Jahre zuvor hatte die GIA bereits vergeblich versucht, Layada mit der Entführung einer französischen Passagiermaschine in Algier freizupressen.

Außerdem wird Frankreichs Staatschef aufgefordert, „jegliche Unterstützung“ an das algerische Regime einzustellen sowie – in Anspielung auf die noch immer in Algerien lebenden Franzosen – „eine Steuer zahlen, um Eure Leben zu verschonen“. „Die GIA ist auf dem Weg des Schlachtens und der Massaker“, unterstreicht der Brief unmißverständlich die Drohung. Und: „Wir halten, was wir versprechen. Das haben die Ereignisse der letzten Tage bewiesen.“

Dies ist eine deutliche Anspielung auf die Terrorwelle der GIA in den letzten Monaten gegen die Zivilbevölkerung in ländlichen Gegenden des nordafrikanischen Landes und den Anschlag auf die Pariser Schnellbahn RER vom 3. Dezember. In dem vorliegenden Schreiben bekennen sich die Fundamentalisten allerdings mit keinem Wort direkt zu dem Schnellbahn-Attentat. Nach Angaben aus Polizeikreisen werten die Ermittler den Brief jedoch als ein indirektes Bekenntnis zu der Tat. Bei dem Attentat vom Dezember kamen vier Menschen ums Leben, 90 Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Die französische Regierung nimmt die Drohungen mehr als ernst. Bereits im Sommer vergangenen Jahres war das Land von einer Anschlagsserie der GIA überrollt worden, bei der insgesamt acht Menschen ums Leben kamen und 159 zum Teil schwer verletzt wurden. „Ruhig Blut und Wachsamkeit“, ohne sich dabei zu ausländerfeindlichen oder gar rassistischen Äußerungen hinreisen zu lassen, empfiehlt das Innenministerium der Bevölkerung, um eine ähnliche Welle der Gewalt zu verhindern. Gleichzeitig bekräftigte die Regierung, daß sie keiner Erpressung nachgeben werde. Das seit dem Schnellbahn-Attentat allgegenwärtige Aufgebot an Polizei und Armee wird weiter im Einsatz bleiben. Wie es in Paris hieß, wurden die Kontrollen auf Flughäfen und Bahnhöfen nach dem Eingang des GIA-Briefs nochmals verschärft. Reiner Wandler

Kommentar Seite 10

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