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Kurzen Prozeß gemacht

■ Schnellverfahren: Fall von schwerem Menschenhandel zum Nachteil von 21 Thailänderinnen war ohne Zeuginnen in anderthalb Stunden vom Richtertisch

Die 10. Strafkammer des Landgerichts macht gern kurzen Prozeß. Aber das, was sich der Vorsitzende Hagen Hillebrand gestern leistete, verschlug selbst Justizkennern die Sprache. Ein Verfahren um schweren Menschenhandel und Zuhälterei in 21 Fällen zum Nachteil von Thailänderinnen dauerte ganze anderthalb Stunden, bis das Urteil von drei Jahren Haft erging. Die milde Strafe hatten Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft zuvor unter Ausschluß der Öffentlichkeit in einem sogenannten Haftprüfungstermin „ausgedealt“. Bedingung war ein Teilgeständnis der Angeklagten, für das die Staatsanwaltschaft im Gegenzug der Einstellung diverser Anklagepunkte zustimmte. Bei dem Prozeß handelte es sich wohlgemerkt um kein Nullachtfünfzehn-Verfahren, sondern „um einen herausragenden Fall von schwerem Menschenhandel“, wie Justizsprecher Rüdiger Reiff im Vorfeld sagte.

Angeklagt war eine Frau: die 43jährige Thailänderin Leejoo T. Sie soll zusammen mit ihrem gesondert verfolgten deutschen Lebenspartner, einem Betonbauer, Kopf eines aus mindestens zehn Tätern bestehenden Menschenhändlerrings gewesen sein. Laut Anklage wurden die 21 Thailänderinnen unter falschen Versprechungen nach Berlin geschleust, indem ihnen Jobs als Kellnerinnen offeriert wurden. Hier wurden sie mit „sozial schwachen“ Deutschen „schein“-verheiratet. Die Männer bekamen dafür 3.000 Mark. Für diese „Dienstleistungen“ wurden den Frauen 30.000 Mark Schulden aufgebrummt, die sie nach Erteilung der 3jährigen Aufenthaltserlaubnis im Bordell der Angeklagten als Prostituierte abarbeiten sollten. Der Ring flog auf, weil zwei mutige Thailänderinnen auspackten. Die beiden hatten sich aus dem Fenster einer im ersten Stock gelegenen Wohnung abgeseilt, in der sie eingesperrt waren. Dabei waren sie abgestürzt und hatten Lenden- und Fersenbrüche erlitten. Der Verein Ban Ying e.V. nahm die Verletzten in einer Zufluchtswohnung für in Not geratene Südostasiatinnen auf.

In Thailand warten die beiden Frauen nun auf ihre Zeugenladung. Doch dazu wird es nach dem gestrigen Prozeßverlauf nicht mehr kommen. Von 21 angeklagten Vorfällen wurden gestern zwar zehn „abgetrennt“. Der Staatsanwalt kündigte aber an, daß er diese Vorwürfe nun „vermutlich“ außerhalb der Hauptverhandlung einstellen wird. Leejoo T.s Geständnis war nur noch eine kurze Formalie. „Trifft die Anklage zu?“ fragte der Vorsitzende Hillebrand. „Ja“, nickte sie. Aufgrund des Deals waren ohnehin nur noch fünf Anklagepunkte übriggeblieben. „Alle bis auf eine Frau wußten, daß sie in Berlin der Prostitution nachgehen müssen“, sagte Leejoo T. dazu.

Ohne eine einzige Zeugin zu hören, ergingen zack, zack Urteil und Haftverschonung für Leejoo T. Zurück blieben fassungslose Zuschauerinnen des Vereins Ban Ying: „Das ist Aufforderung zum Menschenhandel“, fiel ihnen dazu nur noch ein. Plutonia Plarre

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