Kommentar: Gesundgebetet
■ Warum zur Rettung der Kiezklinik jetzt nur noch eine Hausbesetzung hilft
„Gesundheitssenatorin mit Nervenzusammenbruch ins Hafenkrankenhaus eingeliefert“ – das wäre eine Schlagzeile nach dem Geschmack der St. PaulianerInnen. Vielleicht würde Helgrit Fischer-Menzel (SPD) dann endlich begreifen, warum die Kiezklinik für den Stadtteil unverzichtbar ist. Bisher stehen die oberen Etagen der realexistierenden Sozialdemokratie den armen Stadtteile so nahe wie der Entrückte der Wirklichkeit.
Selbst die alarmierenden SPD-Wahlergebnisse in Großstädten wie Berlin und Frankfurt – weit unter 30 Prozent – sind den hiesigen Roten keine Warnung. Einzig St. Paulis Lokalpolitiker von der SPD begreifen überhaupt, was eine Schließung des Hafenkrankenhauses im Wahljahr bedeutet. Wer soll eigentlich in dem traditionellen Arbeiterviertel Wahlkampf für die Sozialdemokraten machen? Welcher SPDler vor Ort kann den St. PaulianerInnen nach diesem äußerst menschlichen, sensiblen und bürgernahen Umgang mit den Betroffenen noch empfehlen, das Kreuzchen bei der eigenen Partei zu machen?
Formal hat Fischer-Menzel die Bedingungen der SPD-Fraktion erfüllt: Vor der Schließung des Hafenkrankenhauses steht der Standort für die neue Notfallambulanz fest. Aus den Reihen der SPD ist kein weiterer Protest zu erwarten. Helfen kann nun nur noch eine ordentliche Hausbesetzung. An Sachverstand für die erfolgreiche Durchführung einer solchen Maßnahme dürfte es im Stadtteil nicht mangeln. Vielleicht liegen in der Hafenstraße sogar noch ein paar Barrikaden im Keller, die nun einer neuen Aufgabe zugeführt werden könnten. Silke Mertins
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