: Das Hamburger Polizeibataillon 101
Mit dem vierten Kapitel seines „imaginären Erinnerungsarchivs“ Das Buch der Engel behandelt Michael Batz einmal mehr eine Episode Hamburgs in der Zeit des Nationalsozialismus. Es geht um Das Hamburger Polizei-Bataillon 101, welches im Zweiten Weltkrieg zur Deportation und zur Erschießung von Juden herangezogen wurde. Im Gegensatz zu den bisherigen Teilen dieses Stadt-Theater-Projekts wird nun ganz aufs Spiel verzichtet. Das Grauen des Themas soll für sich sprechen. Als „minimalste Form des Theaters“ werden die Schauspieler ausschließlich Zeugenaussagen vortragen, die beteiligte Polizisten bei einem Nachkriegsprozeß gemacht haben. Die Wirkung soll gerade auch durch den historischen Ort erzielt werden: Der S-Bahnhof Sternschanze war 1940 Ausgangspunkt für die Deportation Hamburger Juden nach Polen. Michael Batz wählte daher die Blaue Halle in der Lagerstraße 26 direkt vor den Gleisen an der Sternschanze.
Das 500 Mann starke Hamburger Polizeibataillon 101 wurde schließlich komplett nach Polen verlegt, um dort Massenerschießungen durchzuführen. Zeugenaussagen beteiligter Polizisten berichten von pervertierten Steigerungen, wonach zu den Massakern sogar Soldatenschlager gespielt wurden. „Es ist pervers innerhalb einer Normalität“, wendet Michael Batz ein. Schließlich hätten sich die Reservisten im polnischen Hinterland eine kleine heile Welt geschaffen: Kameradschaftsabende wurden zelebriert, Tennisplätze und Kegelbahnen eingerichtet.
Michael Batz will gerade nicht die „Übertragung ins Artifizielle“, dieses Projekt soll „zwischen alltäglichem Leben und Grenzbereichen der Kunst“ bleiben. Klaus Rathje
Samstag, 19 Uhr, Blaue Halle am Schlachthof, Lagerstraße 26
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen