: Die unerlaubte Geburt
Ausländerbehörde verweigerte einer hochschwangeren Frau Duldung und medizinische Versorgung, weil sie illegal in Hamburg ist ■ Von Elke Spanner
Ihr drittes Kind durfte Moussokoro S. eigentlich nicht bekommen. Jedenfalls nicht in Hamburg, schon gar nicht in einem hiesigen Krankenhaus. Denn die Frau von der Elfenbeinküste lebt illegal in der Hansestadt und damit ohne das Recht auf medizinische Versorgung. Dennoch hat sie am Samstag eine Tochter zur Welt gebracht, und dennoch tat sie das in einer Klinik in Hamburg, wo ihr Mann und ihre beiden Kinder leben. Die Ausländerbehörde jedoch verweigerte ihr die Duldung für die wenigen Wochen rund um die Geburt – und damit den dringend benötigten Krankenschein.
Bei ihrer Einreise in Deutschland 1994 war Moussokoro S. nach Thüringen in den Landkreis Eichsfeld „verteilt“worden. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, seither lebt sie untergetaucht in Hamburg, wo ihr Ehemann und der 7jährige Sohn auf den Wohnschiffen in Neumühlen untergebracht sind. Vor dreizehn Monaten kam das zweite Kind. Hochschwanger war Moussokoro S. damals zur Ausländerbehörde gegangen und hatte eine Duldung erhalten. Das ist übliche Praxis. Da Schwangere ab dem 7. Monat als reiseunfähig gelten, werden sie für bis zu vier Wochen nach der Geburt in Hamburg legalisiert. Die Duldung ist zugleich die Eintrittskarte für den Kreißsaal.
Beim dritten Kind jedoch zielte das übliche Argument der Reiseunfähigkeit ins Leere. Moussokoro S. legte ein entsprechendes Attest einer Gynäkologin vor, die ihr zudem eine Risikoschwangerschaft bescheinigte. Trotzdem sollte Moussokoro S. nach Thüringen zurück, da Hamburg sich für sie als nicht zuständig betrachtet: „Einen Fehler, den man einmal gemacht hat, braucht man nicht zu wiederholen“, stellt Ausländerbehördensprecher Norbert Smekal gegenüber der taz klar.
Anstelle des erwünschten Papiers bekam sie Ärger mit der Polizei: Da die hochschwangere Frau sich weigerte, ohne Duldung aus den Amtsräumen zu gehen, wurde sie, so ihre Schilderung, von herbeigerufenen Polizisten abgeführt und drei Tage lang in einer Zelle mit ihrem dreizehn Monate alten Sohn festgehalten. Die Sorge der Hamburger Ausländerbehörde gilt allein dem Geld. Die zuständige Sachbearbeiterin habe ihr vorgerechnet, daß bereits die Geburt ihres zweiten Sohnes die Stadt 11.000 Mark gekostet habe, erzählt Moussokoro S. Und auch Smekal verweist zur Begründung auf den „Sozialhilfeträger, auf den erhebliche Kosten zukommen“.
Das jedoch wird ohnehin der Fall sein. Denn Krankenhäuser sind zur medizinischen Versorgung verpflichtet, und Moussokoro S. fandeine Klinik, die sich zur Entbindung bereiterklärte. Die Finanzierung regelt nun die Sozialarbeiterin der Klinik. Und die Hamburger Bürgerschaft muß über ihre Petition und damit darüber entscheiden, ob Moussokoro S. mit ihren Kindern in Hamburg bleiben kann.
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