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Männer mit Schokoseite

Jugendliche spielen Fußball gegen Polizeibeamte – eine Hurra-Veranstaltung in der Alsterdorfer Sporthalle  ■ Von Ulrike Winkelmann

Ein großes Bullentreiben und viel Hallo gab's gestern in der Alsterdorfer Sporthalle. In drei Mannschaften traten die Polizisten der Wachen 11 (St. Georg) und 14 (Großneumarkt) gegen die Jungs „Neustadt 1“und „Neustadt 2“sowie „Haus der Jugend St. Georg“und „Jugendkeller St. Georg“an. Was sich als banales Fußballturnier zwischen Achtzehn- oder Neunzehnjährigen und Polizisten tarnte, entpuppte sich jedoch als Unternehmen zur Zivilisierung von Revierkräften.

Und die Jugendlichen zeigten sich um des Spielens willen durchaus bereit, der Polizei ihre Flegeleien zu verzeihen. Mit Begriffen wie „Freundschaft!“, „korrekt!“und „Spaß zusammen!“beschrieben die Jungs die Atmosphäre. Immerhin waren die meisten von ihnen schon einmal von den Beamten fest- oder in Gewahrsam genommen worden. „Seitdem der Rudi mich festgenommen hat, bin ich ein anderer Mensch geworden“, sagte zum Beispiel Anthony anerkennend.

„Man darf so eine Veranstaltung aber natürlich nicht überbewerten“, schränkte der Organisator des Turniers und Polizei-Jugendbeauftragte der Direktion Mitte, Derk Langkamp, bescheiden ein. Der Wettkampf und der vorausgegangene einjährige Fußballkurs seien nur eines der Mittel zur Gewaltpräventionsarbeit.

Und das Konzept ging auf: Die Polizisten lernten ganz augenscheinlich, daß Kommunikation möglich ist, auch wenn man alltags gegenläufigen Geschäften nachgeht – etwa dem Abziehen (Raub) oder dem Festnehmen. „Die meisten der Kollegen können bereits sehr gut mit den Jugendlichen umgehen“, schob Langkamp nicht ohne Stolz nach.

Schon bald ging „Neustadt 2“, sonst mit der Kontrolle über das soziale Geschehen auf dem Großneumarkt befaßt, noch vor dem Polizeirevier 11, normalerweise mit der Platzverweisung von Ausländern am Hauptbahnhof betraut, in Führung.

Ruhig blieb es auf den Rängen einzig bei den Sozialarbeitern, deren Team noch am Morgen aus dem Spielplan gekantet worden war. „Das ist ganz schön schiefgelaufen“, sagte Tilman Krüger aus dem evangelischen „Jugendkeller St. Georg“etwas verschnupft. Auch vermisse er einen Teil der Jugendlichen – „die, die gerade in Hahnöfersand sitzen, sind nicht dabei“.

Anerkennung fanden allseits die guten Kontakte der Polizei, die das Spiel in der großen Halle „für gratis“ermöglicht hatten. „Dafür sind die Kids sogar freiwillig um sieben aufgestanden“, so Krüger. Langfristig, meinte er, „ändert so eine Hurra-Veranstaltung natürlich nichts an den Gegebenheiten“. Trotzdem müsse man jedem eine Chance geben, seine Schokoladenseite zu zeigen: „Hier merken die Jungs wenigstens, daß die Polizisten auch lustig sein und Fußball spielen können.“Tatsächlich machte das Revier 11 den ersten und dritten Platz, „Neustadt 2“bekam den zweiten.

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