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Sind so viele Gründe ...

■ Die FDP stellt ihre Kandidaten für die Bürgerschaft und ein sattes Dutzend Gründe vor, diese auch zu wählen

Es gibt viele Gründe, die FDP zu wählen. Da wäre zum einen die „liberale Grundströmung“, die Parteichef Frank-Michael Wiegand in Hamburg ausgemacht hat. Mit sonnengeblendetem Blick stellte Wiegand gestern an der Binnenalster ein Dutzend weiterer Gründe in Gestalt von zwölf Bürgerschafts-KandidatInnen vor, die dafür sorgen sollen, daß im September zehn Prozent der WählerInnen ihre Stimmen der FDP übergeben.

„So ein Überraschungsergebnis ist möglich“, verkündete der Parteichef. Er selbst führt die Wunschfraktion der Liberalen an und hat damit seinen Sitz in der Bürgerschaft auch dann sicher, wenn die Liberalen nur fünf Prozent der Stimmen ergattern. Begleitet würde er in diesem Fall unter anderem von drei altgedienten Liberalen: Hedda Guhr auf dem zweiten Listenplatz ist seit fast dreißig Jahren in der FDP. Seit 18 Jahren leitet sie den Landesfachausschuß für Kulturpolitik und hat sich ansonsten der Bildung verschrieben. Jetzt will die 56jährige in die Bürgerschaft, um von dort aus die Berufsausbildungen praxisorientierter machen.

Für die KandidatInnen drei und vier hätte der Einzug ins Rathaus den Charakter eines Klassentreffens: Rose Pauly und Reinhard Soltau waren beide von 1987 bis 1993 Bürgerschaftsmitglieder. Ist die Personal-Konstanz vielleicht ein weiterer Grund, die FDP zu wählen? „Wir haben eine bunte Mischung aufgestellt“, verficht Frank-Michael Wiegand seine Liste. Und tatsächlich steht auf Platz sieben jemand, den HamburgerInnen kaum kennen: Martin Woestmeyer lebt erst seit vier Jahren hier. Der 26jährige ist außerdem der jüngste Kandidat. „Da liegt es wohl nahe, daß ich den Jugend- und den Sportbereich übernehme“, grinst er und hofft, sich dennoch in die Finanzpolitik einmischen zu können.

Denn Hamburg muß sparen, da sind sich die Liberalen einig. Gewerbesteuer abschaffen, Neuverschuldung verbieten und Arbeitsplätze schaffen sind die Wahl-Schwerpunkte der Partei. Eine „gesellschaftspolitische Reform“soll unverheirateten Paaren eheähnliche Rechte einräumen.

Das alles zu erreichen, sei prinzipiell in jeder Koalition möglich, gab sich Wiegand diplomatisch. Nur mit den Grünen bitte nicht: „Die wollen Steuern erhöhen, wir wollen sie senken – das verträgt sich nicht.“Und irgendwie ist das ja noch ein Grund, gelb zu wählen: Die Liberalen, so Wiegand, „sind ein Angebot an taktisch denkende Wähler“, die eine rot-grüne Koalition verhindern wollten. Leihstimmen von CDU-AnhängerInnen seien dabei „etwas, womit wir leben müssen“, findet Hedda Guhr. Längst brauche die FDP sich dessen nicht mehr zu schämen.

Egal, aus welchen Gründen: Gewählt werde ihre Partei in jedem Fall. Die „Parlamentarische Arbeitsgruppe“, eine Art Notfraktion für Wahlperioden, in denen die FDP mal wieder nicht im Rathaus sitzt, kündigte deshalb zukunftsweisend ihre Auflösung an. Und vergaß, den Optimismus einer Partei als Grund für die Wahlentscheidung aufzuzählen. Judith Weber

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