■ Querspalte
: Bettler, Ausländer & Homos

„Ist Henning auch da?“ Diese ironische Frage war am vergangenen Sonnabend bei der Christopher-Street-Day- Parade in Hamburg öfter zu hören. Schade nur, daß niemand, wie vorher ein paar Scherzkekse gemunkelt hatten, mit selbstgebastelter Henning-Maske zur Demonstration gekommen war.

Henning, mit Nachnamen Voscherau, biedert sich derzeit bei den Homosexuellen der Stadt an, um bei der Bürgerschaftswahl am 21.September auch ihre Stimmen zu bekommen. So trat er, ungewöhnlich für den Ministerpräsidenten eines Bundeslandes, in der letzten Woche im Rahmen des Wahlkampfs vor Schwulen und Lesben auf und bekundete, es gäbe „eindeutig Handlungsbedarf“, was die Rechtssituation homosexueller Lebensgemeinschaften betrifft.

Die letzten Äußerungen Voscheraus waren nicht so liberal. Zunächst hetzte er zur Freude aller Pfeffersackgesichter gegen sogenannte Bettler. Davor sagte der ehemalige Hockeyspieler, daß er den „Strafvollstreckungsanspruch des deutschen Staates“ nicht „an jedem ausländischen Täter in Deutschland abarbeiten“ will, kurz gesagt: deutsche Knäste für deutsche Kriminelle reserviert sehen möchte. „Law and order ist ein sozialdemokratisches Thema“, betonte er, als ob noch niemand den Namen Gustav Noske gehört hätte.

Mehr Rechte für Schwule, ausländische Kriminelle raus – wenn Voscherau, von Feinden aufgrund seiner sicherheitspolitischen Vorstellungen liebevoll „Jörg“ genannt, mit dieser kruden Mischung sowohl bei der GAL als auch bei jener muffigen rechten Splittergruppe, mit der die Hamburger SPD noch bis zum Herbst koaliert, Stimmen abgreifen kann, ist er endgültig reif für sogenannte höhere Aufgaben, sprich: die Kanzlerkandidatur. Voscherau geht – im Gegensatz zu den Hauptverdächtigen – beim besten Willen nicht als „deutscher Tony Blair“ durch; er ist nur ein Helmut Schmidt mit rosa Hemd, einer, der noch deutscher ist als der echte – und das ist ja durchaus eine bemerkenswerte Leistung. René Martens