: Bauern noch nicht konkursreif
■ Nach den Überschwemmungen an der Oder wird Bauern eine Fülle von Hilfsleistungen angeboten
Berlin (taz) – Beim Deutschen Bauernverband in Bonn gehen in diesen Tagen viele Hilfsangebote ein: Landwirte aus der ganzen Republik wollen den vom Oderhochwasser geschädigten Kollegen in Brandenburg helfen – mit Futtermitteln, mit Geld, mit Rat und Tat. Während im Oderbruch akut an der Deichsicherung gearbeitet wird, ziehen Mitarbeiter in den brandenburgischen Landesbehörden erste Zwischenbilanzen. Fest steht, daß mindestens 12.000 Hektar Landwirtschaftsfläche entlang der Oder für dieses Jahr unbrauchbar geworden sind – etwa die 7.000 Hektar große Zieltendorfer Niederung, die nach den Deichbrüchen mit Wasser vollgelaufen ist. Darüber hinaus die drei Polder, die vor Ankunft des Hochwassers geflutet worden waren, um der Flut die Wucht zu nehmen – rund 5.000 Hektar Agrarfläche.
„In erster Linie handelt es sich um Grünland“, sagt der Sprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums, Jens- Uwe Schade. „Gerade in diesem Teil des Landes wird überwiegend extensive und ökologisch ausgerichtete Viehwirtschaft betrieben.“ In Mark und Pfennig können weder er noch die Vertreter des Landesbauernverbandes die derzeitige Schadenshöhe benennen. Denn zu den Schäden durch die Überflutungen müssen weitere Beeinträchtigungen addiert werden: Die Kühe beispielsweise, die kilometerweit ins Hinterland gebracht wurden, geben weniger Milch als in ihrem Heimatstall. Viele Sauen hätten inzwischen, so Jens-Uwe Schade, wegen der Transportbelastung vorzeitig „abgeferkelt“.
Über die mögliche Bodenvergiftung durch Öl, Kunstdünger und Schwermetalle nach Ablaufen des Wassers kann allenfalls spekuliert werden; die Landwirtschaftliche Untersuchungsanstalt in Potsdam zumindest ist darauf vorbereitet, so schnell wie möglich die Wiesen und Äcker auf Kontaminierungen zu untersuchen.
Vorbereitet ist man in Brandenburg auch auf die Bereitstellung finanzieller Hilfen für die Landwirte. Immerhin leben die beiden Landkreise Märkisch Oderland und Oder- Spree zu rund neunzig Prozent von der Landwirtschaft und der ihre Produkte verarbeitenden Industrie. Zwei Finanzquellen werden die Bauern vermutlich vordringlich anzapfen: zinsgünstige Kredite, die die Bundesregierung via Kreditanstalt für Wiederaufbau zugesagt hat, sowie bereits bewilligte EU-Gelder, etwa für die Dorferneuerung. „Außerdem können die Fördermittel, die Landwirte in strukturschwachen Gebieten ohnehin erhalten, vorfristig ausgezahlt werden“, so das Landwirtschaftsministerium. Anders als in Polen scheinen die Landwirte in der Oderregion nicht vom Bankrott bedroht. gg
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