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Auf Du und Du mit Siemens Hart gegen Protestler Vom Ökoaktivisten Janssen fordert die Stadt Geld / Für Siemens zahlt sie gern

Was ist schon der Einbruch in eine Bank gegen den Besitz einer Bank, hat Bert Brecht provozierend gefragt. Für das Thema der „Dreigroschenoper“fände er ein aktuelles Beispiel – im bremischen Umgang mit Siemens.

Irgendwo in den dicken Papieren, mit denen die Unternehmensberater von McKinsey die Bremer Verwaltung durchleuchten, steht die lapidare Frage: „Wo werden Defizite bei Käufen aus Landesentwicklungs-Gesichtspunkten ausgewiesen?“Das in Klammern ausdrücklich erwähnte Beispiel: „Siemens-HH“alias Siemens-Hochhaus. McKinsey ist auch auf den Problemkomplex Liegenschaftsverwaltung gestoßen, wo – für private Unternehmen unvorstellbar – die Stadt Jahr für Jahr Millionen zuviel ausgibt und offenbar „Defizite“bewußt in Kauf nimmt. Und beim Kauf des Siemens-Hochhauses am Bahnhof sind die McKinsey-Gutachter offensichtlich der Ansicht, daß versteckte Zuschüsse vertraglich vereinbart wurden.

Das Problem, auf das die Leute von McKinsey da scheinbar nebenbei hinweisen, hat es in sich: Eine offiziell ausgewiesene Subvention dafür, daß sich Siemens im Zuge seiner inneren Rationalisierung eine neue, kleinere Immobilie auf hochsubventioniertem Grundstück im Technologiepark an der Uni bauen kann, wäre auch wettbewerbsrechtlich problematisch gewesen.

Gegen den Umzug der Siemens-Verwaltung in den High-Tech-Park hatte es aus ganz anderen Gründen Protest gegeben: Auf dem vorgesehenen Bauplatz hatte sich im Verlaufe der Jahre eine grüne Wildnis entwickelt, die von UmweltschützerInnen im Hollerland liebevoll „Uni-Wildnis“genannt wurde. Im Herbst 1993 hatte der Öko-Aktivist Gerold Janssen mit anderen wieder einmal vor dem Siemens-Hochhaus pressewirksam gegen den Natur-Frevel protestiert – mit einer Malaktion.

So großzügig die Stadt bei der Festlegung des Kaufpreises und des Grundstückspreises für Siemens war, so kleinlich verfolgt sie nun die Malaktion des Umweltschützers, der für sein Engagement auf Vorschlag immerhin des Bremer Senats einmal mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden ist: Genau 4.688 Mark soll Janssen bezahlen, weil die Stadt damals eine auf die Entfernung von Straßen-Markierungen spezialisierte Firma bestellt hatte und die mit einer Hochdruck-Maschine gegen die wasserlösliche Farbe vorgegangen war. Und darum geht derzeit der Streit vor dem Zivilgericht: Nie habe er mit anderer als wasserlöslicher Farbe protestiert, versichert Janssen. Auf den Pressefotos sichtbare Farbdosen belegen das zu allem Überfluß. Die Stadt, die damals das große Gerät bestellt hatte, will das nicht glauben, das Gericht hat gerade ein neues Gutachten in Auftrag gegeben.

Janssen sieht darin eine Prozeßstratagie, die ihn über die finanziellen Ansprüche in die Knie zwingen soll: Selbst wenn das Gutachten nur bestätigt, was er immer gesagt hat, muß er anteilig dafür im Rahmen der gerichtlichen Kosten zahlen. Für die Stadt, die nicht einen ihrer vielen Justitiare mit der Sache befaßt hat, sondern einen Anwalt, dürfte der Rechtsstreit dann teurer kommen als die Rechnung der Farb-Reinigungsfirma.

Aber mal ehrlich: Was sind da so ein paar tausend Mark, wenn es um Siemens geht. K.W.

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