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Lieber einen eifersüchtigen Mann

■ Zuwenig Worte: Aysun Bademsoys Dokumentarfilm „Nach dem Spiel“ (0.05 Uhr, ZDF)

Vor zwei Jahren drehte Aysun Bademsoy einen Dokumentarfilm über die türkische Mädchen-Fußballmannschaft Agrisport aus Kreuzberg. Es ging um die Anfeindungen deutscher Zuschauer und um Pöbeleien türkischer Landsleute, die Fußball für einen Männersport halten, es ging um den Aufstieg in die Bezirksliga und darum, wie durch den Ärger die Freundschaften wuchsen. Nun ist die Mannschaft auseinandergebrochen, eine unsichere Zukunft macht den Zusammenhalt unmöglich. Die Jobs sind rar, manch eine Spielerin findet eine Arbeit in einem Berliner Hotel, viele aber sind arbeitslos, die Eltern wollen ihre Töchter verheiraten – was tun?

Das kleine Fernsehspiel „Nach dem Spiel“ will aufzeigen, wie türkische Frauen mit einem deutschen und türkischen Alltag und einer Heiratsordnung umgehen, die ihnen mehr oder minder suspekt erscheint. Der traditionelle Familienverband aber, den es zu erweitern gilt, bleibt weiterhin der Fluchtpunkt für die Ex-Fußballerinnen, nur wenige möchten ihr Leben anders gestalten. „Nee, mit einem deutschen Mann, das kann ich mir nicht vorstellen, die sind nicht eifersüchtig genug“, sagen die Kickerinnen aus Kreuzberg, „deutsch oder türkisch ist mir egal, Hauptsache der Kerl liebt mich“, kontert die Stürmerin. Sie spielt mittlerweile bei Hertha Zehlendorf.

Aysun Bademsoy hat es nicht leicht. Ihre Interviewpartnerinnen möchten am liebsten schweigen. Aus diesem Grund wohl wird der Zuschauer mit minutenlangen Autofahrten durch Berlin traktiert, mit Bildern von fahrenden S-Bahnen, mit Ausschnitten seltsamer Teenager-Parties, auf denen ebenfalls kein Wort gesprochen wird. Nahezu unerklärlich ist die nicht enden wollende Einblendung eines Familenfotos. „Nach dem Spiel“ ist ein planlos zusammengeschnipseltes Stückwerk, der Dokumentation fehlt es an einer Dramaturgie: Das Material ist zu mager, um daraus einen siebzigminütigen Beitrag zu machen. Carsten Otte

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