: Testballon Europapokal
■ Der Bundesgerichtshof verhandelt heute über die Stellung des DFB beim Verkauf von Fußballrechten. Folgen für die Bundesliga befürchtet
Freiburg (taz) – Darf der Deutsche Fußball-Bund die Senderechte für den Fußball-Europapokal zentral vermarkten oder nicht? Über diese Frage verhandelt heute der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, nachdem das Bundeskartellamt dies 1994 untersagt hatte. Der Ausgang des Prozesses könnte Auswirkungen auf den Poker um die Übertragung des Bundesliga-Fußballs haben.
Anders als bei der Bundesliga, bei der die Fernsehrechte schon immer vom DFB vermarktet wurden, lagen die Rechte am Euro- Fußball bis Anfang der 90er Jahre bei den Vereinen. Die mußten Spiel für Spiel mit den Fernsehsendern neu verhandeln. 1992 wurde dann vom DFB ein Globalvertrag mit sechsjähriger Laufzeit geschlossen. Für 60 Millionen Mark erwarben die Bertelsmann-Tochter Ufa und die von Kirch und Springer gehaltene ISPR-Agentur gemeinsam die Senderechte. Der größte Teil des Geldes fließt dabei an die mitspielenden Vereine, immerhin rund zehn Millionen Mark gehen aber an die übrigen Erst- und Zweitliga-Vereine.
Beim Bundeskartellamt sieht man hier ein unzulässiges Kartell. „Die Rechteverwerter müssen vom Monopolisten DFB ein Paket kaufen, das sie in dieser Konstellation und zu diesem Preis eigentlich nicht haben wollen“, faßt ein Sprecher die Kritik der Wettbewerbshüter zusammen. Mehr Wettbewerber würden vor allem für die Rechtehändler bessere Bedingungen schaffen.
In der Öffentlichkeit wurde der Konflikt dagegen eher als Streit zwischen den betroffenen Vereinen und dem Dachverband DFB wahrgenommen. „Das ist Sozialismus pur“, wird etwa Rainer Calmund, der Manager von Bayer Leverkusen, zitiert. Dabei wird unterstellt, daß die europaweit tätigen Vereine bei einer Einzelvermarktung höhere Einnahmen für sich aushandeln könnten, als sie letztlich vom DFB bekommen. Tatsächlich hat sich aber kein Verein beim Kartellamt beschwert. Vielmehr profitieren selbst die meisten der Topvereine von einer gemeinsamen Vermarktung: Sie müssen nicht einzeln um die Gunst der Sender buhlen. Brisant ist das Verfahren vor allem deshalb, weil die Konstellation beim Bundesliga- Fußball ähnlich ist. Sieht der BGH beim Europapokal ein unzulässiges Kartell, ist auch die Vermarktung der Bundesligarechte bedroht. Vor der Verhandlung versucht das Kartellamt dies allerdings als völlig getrennte Fragen darzustellen. „Bezüglich der Bundesliga sind wir gesprächsbereit“, sagte ein Sprecher der Berliner Behörde gestern zur taz.
Tatsächlich macht der jetzige Streit aber nur als Testballon für den Konflikt um das Bundesliga- Fernsehen Sinn. Denn verliert der DFB den Prozeß um die zentrale Vermarktung der Europapokal- Rechte, dann kann er relativ leicht von der EU-Kommission eine Freistellung vom Kartellverbot bekommen. Eine solche Freistellung hat die Uefa schon heute für die von ihr vermarktete Champions League. Im Ergebnis hätte das Kartellamt also nichts gewonnen – außer der für weitere Verhandlungen wichtigen Erkenntnis, daß der BGH Kartelle im Fußballgeschäft grundsätzlich ablehnt. Christian Rath
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