■ Bundeswehr: Hardthöhe unterstellt Krause niedere Beweggründe
: Antreten zur Schlammschlacht!

Wenn es um das Thema Neonazis in der Bundeswehr geht, verfährt das Verteidigungsministerium nach der Strategie „Kleinreden“. So auch im Falle Christian Krauses, der behauptet, in der Kaserne von Varel sei es regelmäßig zu rechtsextremistischen Zusammenkünften gekommen. Die Bundeswehr prüfte blitzschnell und kam zu dem Schluß: Unhaltbar. Krause habe keine Beweise vorgelegt. Es handele sich um einen Racheakt, aus Ärger über eine Disziplinarstrafe. Die Nuance, daß Vater Krause, ehemals Bundesverkehrsminister, sich für seinen Sohn beim Kompaniechef stark machen wollte, kostet das Verteidigungsministerium nun süffisant aus. Die Hardthöhe sähe es gerne, wenn die Aufregung über die Anschuldigungen von Krause junior unter den Rubriken „Kindisches Verhalten“ und „Schlammschlacht eines abgehalfterten Ostministers“ abgelegt würde.

Natürlich muß sich Christian Krause fragen lassen, warum er erst nach seinem Wehrdienst mit den Vorwürfen herausrückte. Sein Hinweis, er habe zuvor Angst vor rechtsradikalen Schlägerbanden gehabt, ist wenig überzeugend. Schließlich hätte ihn auch damals sein prominenter Name schützen können. Mit Zivilcourage hat das wenig zu tun. Krauses Anwürfe würden an Glaubwürdigkeit einbüßen, wäre da nicht ein zweiter Informant, ein 23jähriger Student, der anonym bleiben will. Auch ihn kanzelt das Verteidigungsministerium als „Denunziant“ ab, der sich in der Öffentlichkeit aufspielen wolle. Die Soldaten sollten präzise angeben, wann wer was wo getan habe, verlangt Minister Rühe. Die Forderung ist berechtigt, geht aber an der Wirklichkeit vorbei.

Unstreitig hat bei der Bundeswehr das interne Kontrollsystem versagt. Soldaten, die ihren Vorgesetzten über Rasssismus und Antisemitismus berichten wollen, tun dies häufig nicht, aus Angst, in die Maschinerie des Militärischen Abschirmdienstes zu geraten. Sie befürchten, daß ihnen die Beweislast obliegt. Zudem wissen sie, daß Vorgesetzte auch beim Hitlergruß lieber wegschauen, als ihn zu melden. Während des zehnmonatigen Wehrdienstes leben sie in einem Umfeld, in dem Fragmente von verquaster Kameradschaft und Desinteresse den Alltag bestimmen. Rühes Empfehlungen sind fahrlässig. Am Ende wird er der Gefangene seiner eigenen Strategie des Verharmlosens werden. Vorgänge, Stimmungen und Meinungen in der Truppe machen Krause und andere öffentlich. Das verdient Anerkennung. Volker Rühe sollte sich nicht länger zu Schlammschlachten hinreißen lassen. Annette Rogalla