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Lieber eine Partei übernehmen als eine neue gründen

■ Die StudentInnen wollen per Masseneintritt den FDP-Landesverband majorisieren. Ende Januar wollen sie 3.000 Beitrittsanträge einreichen. Der Vorsitzende Martin Matz freut sich

Bis jetzt haben die Parteien die StudentInnen umarmt, jetzt machen es die StudentInnen: Sie wollen die FDP majorisieren. 2.700 Mitglieder zählt deren Berliner Landesverband zur Zeit. Würden 3.000 StudentInnen einen Aufnahmeantrag einreichen, rechnet der TU-Student Dorjee Hegel vor, hätten sie flugs die absolute Mehrheit. „Es ist einfacher, eine Partei zu übernehmen, als eine neue zu gründen.“

Deshalb sammelt die Projektgruppe „Absolute Mehrheit“ bis 29. Januar an allen Berliner Hochschulen FDP-Mitgliedsanträge, um „dem politischen Dornröschenschlaf der breiten studentischen Masse endlich ein Ende zu setzen“. Bisher sind schon 500 Anträge eingegangen. Zwar seien unter den ProjektinitiatorInnen bislang keine FDP-AnhängerInnen. Doch stelle die Parteisatzung vergleichsweise geringe Anforderungen an die politische Einstellung von Neumitgliedern. „Die FDP macht sich's ziemlich schwer, neue Mitglieder abzulehnen“, so Hegel.

Das bestätigt auch der Landesvorsitzende Martin Matz. Ist ein Antrag auf Mitgliedschaft eingegangen, hat der zuständige Ortsverband 30 Tage Zeit für eine Stellungnahme. Eine Ablehnung ist nur bei einem „radikalen oder extremistischen Hintergrund“ des Bewerbers möglich. Dann können sich noch Bezirksverband und Landesvorstand äußern, so daß höchstens 90 Tage vergehen, bis die Partei ein neues Mitglied hat.

Eine „feindliche Übernahme“ befürchtet Matz dennoch nicht. „Neue Mitglieder sind uns sehr willkommen“, sagt er, „das kann uns nur stärken“. Wenn sich durch einen studentischen Masseneintritt die „innerparteiliche Themengewichtung“ zugunsten der Hochschulpolitik verschiebe, freue er sich – schließlich habe er im Uni- Streik 1988/89 selbst „auf der Seite derer gestanden, die demonstrierten und protestierten“. Andererseits könne die FDP vielleicht der dünnen Programmatik der StudentInnenbewegung aufhelfen, schließlich habe der Landesverband schon vor Jahresfrist ein Positionspapier zur „Zukunftsinvestition Bildung“ verabschiedet.

Ein ernstes Wort des smarten Vorsitzenden bleibt den StudentInnen dennoch nicht erspart: Wer als Parteimitglied in den Genuß von Rechten kommen wolle, müsse auch die Pflichten tragen. „Einfach nur eintreten und am nächsten Tag machen, was man will“, warnt er, „das funktioniert bestimmt nicht.“ Vor eine Majorisierung des Landesverbands habe die FDP-Satzung die konstruktive Arbeit in den Ortsverbänden gesetzt. Und nicht zuletzt müßten die StudentInnen einen Beitrag von mindestens zehn Mark monatlich entrichten. Ralph Bollmann

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